#5
Mit sicherem Gang trat Isard schließlich, nachdem der große galaktische Herrscher nach so langer wieder auf dem Symbol der Macht Platz genommen hatte, von ihrer Position neben den Thron direkt in dessen Front. Sie machte sich nicht die Mühe, so weit zurückzugehen, dass sie ein paar der Stufen hinabgehen musste, um auf gleicher Höhe mit dem mächtigsten Mann der Galaxis zu sprechen. Nein, sie blieb stehen, nur ein paar Schritte vor dem Thron entfernt und sah auf den nun sitzenden Imperator hinab. Ihre blutrote Uniform schimmerte im indirekten Licht des Hintergrunds. Gesten wie diese mochten es schwer machen, Isard wirklich ein vollends blindes Vertrauen in ihre Loyalität entgegenbringen zu können. War es denn plausibel, dass eine Frau, die so wenig Furcht vor den vielleicht gefürchtetsten Personen der letzten Jahrhunderte hatte, keinerlei weitere Ambitionen hatte als die Position, die sie gerade bekleidete? War es denn nicht Staatsdoktrin des Imperiums, dass gerade Furcht die Loyalität sichern sollte – und lief diese nicht leer, wenn Furcht eben nicht vorhanden war? Isard schien so wenig zu fürchten wie die Rebellion damals das Imperium gefürchtet hatte, eine vielleicht eigenartige Gemeinsamkeit. Nie dürfte es für Vesperum einen Grund gegeben haben, ihre Loyalität zu bezweifeln – und doch war das auch bei Palpatine so gewesen. Dieser jedoch hatte ihr zwar vertraut, vermutlich aber nie vollständig getraut. Vielleicht war es bei Vesperum nun ähnlich. Anders schien es nicht erklärbar, dass er seinerzeit ohne Weiteres verschwunden war, ja ohne sie darüber in Kenntnis zu setzen wohin. Hatte er womöglich gefürchtet, dass sie ihm in einer schwachen Position fernab der Ränkespiele Coruscants doch in den Rücken fallen würde? Das erschien nicht unwahrscheinlich, ansonsten wäre sie schließlich damals informiert worden. Gleichsam bedeutete es aber eine amüsante Feststellung, nämlich dass Vesperum mehr Furcht vor ihr hatte als sie vor ihm. Es schien eine beinahe übliche Eigenschaft bei Sith zu sein, um ihre Stellung bangen zu müssen und eine vollständige Paranoia jemandem gegenüber zu zeigen. Was vielleicht sogar bedeutete, dass der große und ach so mächtige Imperator Vesperum sogar mehr Furcht in sich trug als der Großteil aller Lebewesen in dieser Galaxis. Und während Palpatine mitunter eine beinahe groteske innere Freude über diese Zustände zu haben schien, war Vesperum… anders. Abwesender, unfokussierter. Palpatine wollte lediglich herrschen und als er das hatte, hatte er eine perverse Freude über die Macht, die er sich verschafft hatte. Vesperum schien dagegen noch immer nicht an seinem Ziel zu sein. Welches auch immer es sein würde. Sie würde es noch erfahren. Und auch mehr über seine Wurzeln. Ihre Agenten arbeiteten tagtäglich daran, die Hintergründe zu rekonstruieren, bevor diese Person vor vielen Jahren nach Byss gelangt war – ein schweres Unterfangen, aber es würde irgendwann Früchte tragen, früher oder später.

Onderon schien aus Sicht des Herrschers kein wichtiger Verlust zu sein. Oder jedenfalls gab er es so vor. Doch Isard wusste Menschen zu lesen. Seine Augen sprachen eine ganz andere Sprache, selbst wenn er es verleugnete. Das war gut, zum Teil. Rückschläge waren natürlich und würden auf kurz oder lang immer vorkommen. Ein Herrscher musste lernen, mit ihnen umzugehen. Irgendwann würde Vesperum den Schritt machen, Rückschläge auch nicht mehr öffentlich zu verleugnen, sondern sich ihrer bewusst zu werden. Aber das entwickelte sich immer erst mit der Zeit, wenn eine Machtposition über längere Zeit so etabliert war, dass auch ein kleiner Rückschlag nicht dazu führte, dass eine Person sich dadurch bedroht oder angetastet fühlte. Doch seine finstere Stimmlage und insbesondere ein Teil seiner Aussage begann sie schließlich zu irritieren. Auch in ihrem Interesse? Seltsam. Das mochte stimmen – oder auch nicht. Nun war es wahr, dass sie seinen eigenartigen Orden aus grobschlächtigen Übermenschen nie sonderlich geschätzt hatte. Manchmal jedoch musste Feuer mit Feuer bekämpft werden. Sie hätte eine klassischere Vorgehensweise gegen den Jedi-Orden vielleicht befürwortet, andererseits war sie im Zweifel weniger dazu in der Lage, die Bedrohung konkret genug einschätzen zu können. Oder wusste er doch etwas von Nigidus?
„Keinem von uns ist an einer Rückkehr der Jedi-Ritter gelegen. Wenn Ihr Eure Methoden als die wirkungsvollsten erachtet, so sind diese auch in meinem Interesse“, entgegnete sie vergleichsweise diplomatisch, vielleicht ein Stück weit ausweichend, ohne jedoch sichtlich ihre Miene zu verziehen. Sie entschied sich dennoch, in die Offensive zu gehen, und verschränkte ihre Arme vor der Brust.
„Ich hörte, Ihr hattet Inquisitorin Nigidus kürzlich einbestellt. Hat sie dahingehend etwas entdeckt?“
Aus ihrer Sicht würde das die interessanteste Frage dieses Gesprächs sein, so unauffällig und simpel sie auch scheinbar daherkam. So wie sie es ihm gegenüber nun inszenierte, schien es sie zu verwundern, dass Vesperum sich einer ihrer Inquisitorinnen aus Isards Inquisitorius bedient hatte, wo er doch gleichsam noch immer seinen Orden für die Jedi-Jagd zur Verfügung hatte. Gleichzeitig gab sie ihm auch zu verstehen, dass sie ihren Laden so weit im Griff hatte, dass ihr auch nicht entging, wenn er sich ohne ihr Wissen Ressourcen ihrer Behörde bediente. Das war bei Inquisitoren zwar nicht allzu ungewöhnlich, dennoch sollte er es durchaus wissen, dass es ihr bekannt war. Tatsächlich aber interessierte sie die Information schon aus ganz anderen Gründen heraus. Diese Information kürzlich aus der Flotte von Nigidus von einer Person, die die Inquisitorin fortgeschafft hatte, vor ihrem Treffen mit dem Imperator – nun würde sich schlussendlich ergeben, was Vesperum wirklich davon wusste oder ob auch hier einmal wieder eine machtbegabte Person außerhalb der Kontrolle ihrer vermeintlichen Meister zu ihrem eigenen Vorteil arbeitete.

Das Imperium war in einem schlechteren Zustand als zu Vesperums Verschwinden. Das war ihm vermutlich ohnehin schon klar. Das Ausbreiten des republikanischen Krebsgeschwürs schien unausweichlich. Zumindest wenn das Imperium weiter so verwaltet wurde wie in den letzten Monaten. Einen Moment lang überdachte Isard ihre Antwort und senkte ihren Blick kurzzeitig zu ihren Stiefeln. Letztlich gab es Hebel, die umgelegt werden konnten, um bestimmte Wirkungen zu erzielen.
„Eure Rückkehr wird der Moral der Soldaten zwar bereits helfen. Aber ich schätze, Ihr solltet auch direkt ein Zeichen setzen, wie Ihr im Senat ankündigtet. Ein Exempel statuieren. Wir müssen nach außen wieder klarer zu verstehen geben, dass wir jeden Verrat sühnen werden. Aktuell herrscht die Meinung vor, dass wir zu schwach sind, um dies durchzusetzen. Falls dies so bleibt, verlieren wir auch bald die Expansionsregion.“
Mit dem Geheimdienst allein ließen sich solche Meinungen nicht austreiben. Dies lag einfach in der Natur der Sache, dass der öffentliche Abschreckungsfaktor fehlte. Ja, der Todesstern hatte schon seine Berechtigung gehabt – nur war er vielleicht zur falschen Zeit und am falschen Ort eingesetzt worden. Die bloße Existenz einen Todessterns mochte heute mehr Wirkung bei Systemen zeigen, deren Loyalität nun schwankte. Verräterische Gedanken mussten wieder unter der Gefahr der Bestrafung stehen. Doch es gab Alternativen zu einem teuren und alles in allem ineffizienten Todesstern… direktere Alternativen.
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Imperialer Thronsaal - von Protokolldroide - 06.12.2014, 06:10
RE: Großer Thronsaal - von Darth Vesperum - 06.01.2020, 21:56
RE: Großer Thronsaal - von TX-9941 - 06.01.2020, 22:45
RE: Großer Thronsaal - von Darth Vesperum - 06.01.2020, 23:26
RE: Großer Thronsaal - von TX-9941 - 07.01.2020, 00:12
RE: Großer Thronsaal - von Darth Vesperum - 07.01.2020, 22:50
RE: Großer Thronsaal - von TX-9941 - 09.01.2020, 15:37
RE: Großer Thronsaal - von Darth Vesperum - 09.01.2020, 22:40
RE: Großer Platz - von TX-9941 - 05.01.2020, 22:43