#12
Niemand gab ihm eine Antwort. Die meisten Personen in seinem Umfeld hätten es auch gar nicht mehr vermocht. Das Leid, das hier geschehen war, waberte in der Macht wie Nebel über den Boden und kroch an dem knienden Kel Dor hinauf. Einige Schritte weiter lag eine weitere Leiche, über der ein Jedi-Meister kauerte. Dion Bresk, erinnerte sich Koryn an seinen Namen, auch wenn er mit dem Mann selbst nicht viel zu tun gehabt hatte. Der Tote zu seinen Füßen war der Verursacher dieses Schreckens, daran bestand für Koryn kein Zweifel. Seine Position und Körperhaltung, der Blick des Jedi-Meisters… Doch warum? Was hatte ihn dazu getrieben, eine solche Tat zu vollbringen? Tränen verklärten Koryns Sicht und machten seiner Antiox-Maske zu schaffen. Hinter sich hörte er Mytrias Schrei, der schlimmer als jede Waffe in sein Herz schnitt. Vorhin noch hatte er ihr gesagt, dass sie keine Angst zu haben brauchte. Die Macht war ein Geschenk, eine Gabe, etwas Gutes. Er hatte nicht gelogen… Er hatte es nur nicht besser gewusst…

Plötzlich trat eine weitere Person hinzu. Wie ein Schatten. Nein, eher wie eine Lichtgestalt. Koryn spürte seinen Meister in der Macht, noch ehe er seine Schritte hörte. Wie ein Kind, das hoffnungsvoll zu seinem Vater blickte, wandte sich der Jedi-Schüler zu Luke Skywalker um, der ihm jedoch auch nur stumm eine Hand auf die Schulter legte und dann wortlos neben Lee Valen, dem gefallenen Attentäter niederkniete. Selbst die leichte Berührung war genug, um Koryn zumindest ein wenig Trost zu spenden. Schreckliches war hier geschehen, doch es war aufgehalten worden. Luke Skywalker war zurück. Es würde wieder gut werden. Aber es würde auch unauslöschliche Narben hinterlassen. Der Kel Dor fand die Kraft und Sicherheit, wieder aufzustehen. Er wollte die beiden Jedi-Meister nicht stören, auch wenn Dion bereits mit der Sache abgeschlossen zu haben schien und sich nun der… Beseitigung der Spuren widmete. Auch Mytrias Schrei war verstummt, doch das Mädchen war zu einem Abbild des Schreckens geworden. Mit leerem Blick kniete sie am Boden, die Haare zerwühlt und die Fliesen um sie herum von einem Spinnennetz aus Rissen gezeichnet. Koryn konnte fast sehen, wie ihr Licht von einem Kokon aus Angst und Verzweiflung langsam erstickt wurde.

Die Anweisung von Meister Bresk ließ den Kel Dor beinahe zusammenzucken. Er sollte sich um sie kümmern? Aber er war doch selbst nur ein Schüler… Wie konnte er…? Nein. Seine Haltung straffte sich. Mytria hatte ihm auf der Wiese im Seenland geholfen, einen Zugang zur Macht zu finden. Sie vertraute ihm – egal, wie kurz sie einander kannten. Er dagegen war beim Betreten des Praxeum-Geländes verzagt. Als Jedi-Ritter würde es seine Aufgabe sein, die Schwachen zu schützen und ihnen beizustehen. Er musste seinen Fehler wieder gut machen. Koryn trat langsam an sie heran und sank herab auf ein Knie. Sah Mytria fest an, auch wenn sie es nicht wissen konnte. „Nein, du bist nicht allein.“ Seine Stimme klang belegt, was durch die Antiox-Maske abermals verzerrt wurde. Unfähig, etwas anderes zu tun, zog er die Blauhäutige an sich heran und strich ihr sanft über den Rücken. Ein weiterer Schwall Tränen brannte in seinen Augen und machte ihn blind. Das alles hätte nicht passieren dürfen. Es tut mir leid, Mytria. Es tut mir so leid! „Du wirst niemals allein sein.“
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