#20
Ruhig saß Luke vor seinen beiden Schüler auf dem weichen Erdboden, während sie ihre Gedanken in Worte fassten. Ihm mitteilten was sie beschäftigte und worauf sie eine Antwort erwarteten. Sie waren so unterschiedlich in ihrer Art und ihrer Denkweise, was ihm dieser Moment wieder einmal deutlich vor Augen führte. Koryns Fragen und Bedenken zeugten von einer gewissen Bodenständigkeit und einem natürlichen Realismus. Einer bestimmten Nüchternheit und Sachlichkeit, welche die Dinge selbst betrachtete, während Mytria versuchte das Große Ganze in Bezug zu bringen. Jede Sichtweise war alleine für sich nicht die Denkweise die ein Jedi eines Tages verfolgen sollte, sondern etwas, das er in ein Gleichgewicht bringen musste. Wer immer nur das Große sah, neigte dazu essentielle Details zu übersehen und jemand, der nur das sah was vor ihm lag, würde dazu neigen die Folgen und Konsequenzen außer Augen zu verlieren. Aber eine solche Balance bekam man nicht in die Wiege gelegt, sondern man musste sie sich erlernen. Er selbst erhob nicht den Anspruch diese Balance gefunden zu haben, so neigte auch er mal mehr in die eine Richtung und mal mehr in die andere Richtung auszuschlagen. Aber es war nur eines von den vielen Dingen die er noch lernen musste. „Ja, vielleicht wäre es so gekommen“, begann er mit ruhiger Stimme an zu sprechen und bezog sich mit seinen Worten auf die Befürchtung die Koryn geäußert hatte. „Doch ist es das nicht. Es ist richtig sich solche Gedanken zu machen, Ereignisse zu reflektieren, doch sollte man sich nicht zu sehr damit aufhalten. Man darf sich nicht dazu verleiten lassen nur die negativen Dinge zu sehen, die hätten passieren können, aber man darf auch nicht so leichtsinnig sein sie zu ignorieren.“ Luke lenkte den Blick aus seinen blauen Augen langsam auf Koryn. „Der Tod ist nichts, das ein Jedi fürchten sollte“, führte er seine Ausführungen fort. „Nicht fürchten soll er ihn, sondern respektieren. Nur mit dem nötigen Respekt dem Tod gegenüber lernt ein Jedi den wahren Preis eines Lebens zu schätzen.“ Wer anfing den Tod zu fürchten, würde anfangen dieses Wissen zu verdrängen. Der Tod eines Wesens würde zu einer Nichtigkeit verkommen und das Leben seinen Wert verlieren. Aber man sollte sich auch nicht von ihm einschüchtern lassen, so könnte es einen Jedi daran hindern, den notwendigen Schritt zu gehen. Es war wahrlich kein einfacher Weg, der vor einem Jedi lag und es wäre vermessen zu glauben, dass man nicht ins Stolpern geraten würde. Jeder Tag war eine neue Prüfung und an jedem neuen Tag begann man sein altes Handeln zu überdenken. Damals in der Schlacht von Yavin, da hatte er keine Sekunde gezögert, sondern getan, was getan werden musste. Er hatte es getan, weil alle gesagt hatten, dass es getan werden musste. Er hatte keine Ahnung gehabt, wie viele Menschen sich auf dem Todesstern befunden hatten und die er mit seinem Handeln in den Tod geschickt hatte. Ja, das Imperium hatte Millionen von Menschen auf Alderaan getötet, doch war es wirklich gerecht diese Tode mit weiteren Tode aufzuwiegen? Würde ein derartiges Handeln wirklich jemals ein Ende finden oder würde es sich nicht einfach bis in alle Ewigkeit wiederholen? Noch vor 5 Jahren hatte er es nicht eiliger gehabt in den Krieg zu ziehen. Ruhm und Ehre zu erlangen. Abenteuer zu erleben und sich einen Namen zu machen. Heute dagegen stellte er sich oft die Frage wie Krieg zu Frieden führen konnte und je länger er darüber nachdachte, desto unmöglicher erschien es ihm. Es war auf dem zweiten Todesstern gewesen, von wo aus er die Schlacht von Endor beobachtet hatte, begleitet von den Worten des Imperators, als ihm dieser Gedanke zum ersten Male gekommen war. Als er sich dazu entschieden hatte nicht zu kämpfen, sondern versucht hatte zu sprechen. Zu vermitteln. Nicht mit Waffen, sondern mit Worten zu kämpfen. Es war sein Mitgefühl gewesen, welches ihm seinen Vater zurückgebracht hatte. Nicht sein Lichtschwert. Doch war es wirklich möglich dies auch im Großen zu erwirken? Es war eine Übermacht, der er gegenüber stand. Zu festgefahren die Personen in ihrem Denken und Handeln.

Für einen Moment lang verlor sich Lukes Blick in der Ferne, ehe sich wieder auf das Jetzt konzentrierte und seinen Blick auf Mytria richtete. „Die Macht ist unsere Stärke doch ein jeder Jedi ist für sein Handeln und seine Taten selbst verantwortlich“, sprach er leise ohne den Blick von ihr zu nehmen. „Es wäre überheblich zu glauben, dass sie einem aus jeder Situation hilft, in die man sich selbst durch Unachtsamkeit gebracht hat.“ Es war ein gutmütiges Lächeln, welches sich auf seine Lippen schlich und seine Wort in ihrem Vorwurf abmilderte. „Man soll auf sie hören, wenn sie zu einem spricht, aber man darf ihr nicht kopflos folgen“, erklärte er weiter. „Ihre Absichten sind nicht immer deutlich und zu schnell läuft man Gefahr sie misszuverstehen. Man darf die eigene Verantwortung nicht auf die Macht abwälzen und sie als Rechtfertigung für das eigene Handeln missbrauchen. Nicht als Entschuldigung für das eigene Fehlverhalten sehen. Wir sind es, die der Macht dienen. Nicht sie uns.“ Ein festes Vertrauen in die Macht war wichtiger Aspekt und doch durfte man darüber hinaus nicht die eigene Verantwortung und die eigenen Pflichten vergessen. Ein Fehlverhalten war schnell mit einem 'die Macht wollte es so' gerechtfertigt ohne auch nur eine Sekunde weiter darüber nach zu denken. Irgendwann einmal war man nicht mehr in der Lage die Verantwortung für sein eigenes Handeln einschätzen zu können, geschweige denn zu tragen. Es war schon immer leicht die Schuld bei anderen zu suchen, anstatt bei sich selbst, doch durfte ein Jedi sich nicht zu einem solchen Verhalten hinreißen lassen. Er musste lernen die Verantwortung für all sein Handeln zu tragen. Es musste ihm bewusst werden, dass alles was er tat, Folgen und Konsequenzen haben würde. Jedes Leben, welches er schützte hatte seinen Preis, gleichfalls wie jedes Leben, das er nahm. Es würde seine Hand gewesen sein, die den Streich geführt hatte, egal in welchem Auftrag er es getan hatte. Ein Jedi der sein Verhalten gedankenlos auf den Willen der Macht schob unterschied nichts mehr von all den anderen Personen, welche den rechten Pfad verlassen hatten.

„Lee hatte es von uns allen am schwersten getroffen, als Sanzaa verschwand“, kam es mit nachdenklicher Stimme von Luke. „Er fühlte sich ihr auf eine besondere Art verbunden. Eine Verbindung, die ich womöglich falsch eingeschätzt habe.“ Er hatte immer mal wieder im Ansatz darüber nachgedacht, aber diese Gedanken nie bis zu Ende verfolgt. So vieles war in der Zeit passiert und zu so vielen Orten hatte man ihn geschickt, dass ihm nie Zeit für sich geblieben war. Er hatte wie immer stets alle Bedürfnisse anderer vor seine eigenen Bedürfnisse gestellt. Seine Gedanken nach hinten geschoben, für die Probleme und Schwierigkeiten anderer. Er wollte es nicht als Fehler bezeichnen, so hatte es ja auch seinen Nutzen gehabt. Er hatte wohl leider einfach nur aus den Augen verloren, dass jedes Handeln Konsequenzen nach sich zog und jeder Sieg mit einem Preis einher kam. „Er konnte sich nicht damit abfinden dass sie weg war und er hatte den Eindruck, dass es keinen von uns kümmern würde“, erzählte Luke weiter und atmete tief ein. „Er wollte nach ihr suchen und keines unserer Argumente drang zu ihm hindurch. Zuerst versuchten wir ihn abzuhalten, doch dann ließen wir ihn ziehen, obwohl wir es hätten besser wissen müssen.“ Luke machte eine kleine Pause, senkte seinen Blick und richtete ihn auf seine Hände. „Er war der Einzige, der uns hätte verraten können, was wirklich geschehen ist, doch wird er unsere Fragen nicht mehr beantworten können.“ In Lukes Stimme schwang leise Trauer mit, so verbanden ihn und Lee doch eine gemeinsame Vergangenheit. Er hatte ihn gekannt, noch bevor er diese Gemeinschaft gegründet hatte. Er war einer der ersten gewesen, die zusammen mit ihm dieses Anwesen mit Leben erfüllt hatten und nun war es eine Lücke, die er hinterließ. „Die Dunkle Seite weiß sehr gut, wie sie sich eine solche Verbundenheit zu Nutzen machen kann“, sprach er weiter ohne seinen Blick zu heben. „Schnell wird aus dieser Verbundenheit eine unbändige Wut, wenn man den Anderen bedroht sieht. In dem Wunsch ihn zu beschützen greift man nach allem was einem auf schnelle Weise Hilfe bietet. Die Furcht um das Wohl des Anderen lässt einen blind werden für die Wahrheit. Man bringt die Vernunft zum Schweigen und überlässt seinen Emotionen die Kontrolle. In diesem Moment hat man die ersten Schritte auf einem Pfad gesetzt von dem eine Umkehr nur schwer möglich ist. Man hat sich der Dunklen Seite geöffnet, ihr Zugang gestattet und dann ist es mitunter nur noch ein Fingerschnippen entfernt ehe Freunde zu Feinde werden. Die Dunkle Seite ist gut darin dir einen grausamen Weg als den einzig richtigen Weg aufzuzeigen um zu schützen, was du zu schützen versuchst.“ Es war nicht einfach nur eine Lehre die er ihnen gerade mitteilte. Nichts, was er irgendwo gelesen oder ihm irgendjemand erzählt hatte. Es war etwas, das er selbst erlebt hatte. Er hatte am eigenen Leib gespürt wie einfach es doch war auf die Dunkle Seite zu wechseln und das ohne sich darüber bewusst zu sein. Er selbst war gefallen und auch wenn er es geschafft hatte zurück zu kehren, wer war er dass er anderen daraus ein Vorwurf machen konnte? Er wusste nicht was vorgefallen war. Er wusste nicht welche Versprechen ihm die Dunkle Seite gemacht hatte oder welche Schwäche sie ausgenutzt hatten um ihn zu dem Instrument zu machen, zu dem er geworden war. Solange er keine Antworten auf seine Fragen hatte, solange würde er sich kein Urteil über Lee erlauben. Zu schnell waren falsche Schlüsse gezogen, zu schnell eine Meinung gebildet und zu schnell eine Person zu etwas gemacht, was sie unter Umständen gar nicht war. Er würde nicht zulassen, dass jemand hier Lee zu einem Feindbild machte, solange die Umstände seines Falls zur Dunklen Seite nicht geklärt waren.

Luke hob wieder seinen Blick und sah Mytria an. „Ich spüre, dass du dir einen Namen wünscht und doch kann ich dir keinen geben. Es lässt sich nicht an einem einzelnen Namen festmachen, nicht an einer einzelnen Person“, versuchte zu Luke zu erklären, was so einfach nicht zu erklären war. Natürlich könnte er nun sagen, dass es der Imperator war, der versuchte sie zu töten, doch war es wirklich die Person selbst? War es nicht genau so den Glauben den er verfolgte? Die Seite für die er sich entschieden hatte? Die Männer die seinem Befehl folgten? Es war nicht richtig alles einer einzelnen Person zu zuschreiben, wenn so viele Aspekte dabei eine Rolle spielten. „Wenn ich dir sagte, dass die Luft um uns herum tödlich ist, würdest du mich nicht ernst nehmen, weil sie etwas ist, das du zum leben benötigst. Doch Koryn würde meiner Aussage zustimmen. Die Luft die du zum Leben brauchst, bedeutet für ihn nicht Leben, sondern Tod. Ein und dieselbe Sache, doch die unterschiedliche Sichtweise lässt sie zu zwei Dingen werden. Wir Jedi nutzen die Macht auf unsere Weise und verurteilen andere Wege. Andere nutzen sie auf ihre Weise und verurteilen uns Jedi für unseren Weg.“ Luke atmete tief ein, schloss für einen kurzen Moment die Augen und ein Blatt des Baumes schwebte langsam zu ihnen herab und verharrte zwischen ihm und den beiden Schüler in der Luft. „Du stellst dir die Frage, was uns töten will, so wie sich andere die Frage stellen, warum wir sie töten wollen“, sprach er weiter und sah seine beiden Schüler über das Blatt hinweg an. „Es ist der natürliche Kreislauf, dass das Licht den Schatten vertreiben muss, so wie der Schatten das Licht vertreiben muss und doch kann das eine erst durch das andere entstehen.“ Das Blatt schwebte noch immer zwischen ihnen in der Luft, als sich im dunklen Blätterdach ein winziger Spalt öffnete und einen zarten Strahl des Mondes hindurch ließ, der schwach auf das Blatt fiel, unter dem sich nun ein großer, schwacher Schatten abzeichnete. „Wo Licht ist, wird immer ein Schatten sein“, kam es mit gedämpfter Stimme von dem jungen Jedi Meister. „Anfangs ist das Licht schwach und so auch der Schatten der daraus entsteht, so hat er doch zu wenig Nahrung, um wachsen zu können.“ Das Blätterdach öffnete sich langsam weiter und der Lichtstrahl, der auf das Blatt fiel wurde immer heller. Breite sich auf der Oberfläche des Blattes aus, ehe er über dessen Ränder glitt und auf den Boden herabsinken konnte. Der anfänglich nur schwache Schatten unter dem Blatt war nun kleiner als zuvor, doch er war von tiefdunkler Farbe. Einem Schwarz, das alles Licht zu verschlucken schien. „Doch je stärker das Licht wird, je mehr es versucht den Schatten zu verdrängen, desto mehr Nahrung erhält er und desto dunkler und mächtiger wird er.“ Das Blätterdach über ihnen verschloss sich wieder und das Blatt schwebte langsam zu Boden und blieb zwischen ihnen liegen. „Dann wenn er sich satt gefressen hat, wird er anfangen das Licht aus der Welt zu vertreiben.“ Luke streckte seine Hand aus und griff nach dem Blatt und wiegte es in seiner Hand hin und her. „Die Dunkle Seite ernährt sich von Leid und von Schmerz so führt doch beides zu Hass“, erklärte Luke und richtete seinen Blick auf seine beiden Schüler. „Mitleid und Mitgefühl. Emotionen der Hellen Seite. Je mehr Leid und Schmerz vorhanden ist, desto mehr Mitleid und Mitgefühl wird erforderlich um dem Hass der entsteht entgegen zu wirken. Eine große und schwere Aufgabe und viele Male wird man sich ihr nicht gewachsen fühlen. Hat das Gefühl alles würde zu lange dauern, wünscht sich eine schnellere Methode. Etwas, das die Dunkle Seite bieten kann. Doch kann und wird noch mehr Hass, noch mehr Leid und Schmerz nie die Antwort sein dürfen.“ Lukes Hand mit dem Blatt erhob sich langsam und das Blatt wurde langsam über den Platz davon getragen. Er ließ seine Hand wieder zurück in seinen Schoß sinken. „Ja, vielleicht könnte ich dir einen Namen nennen, doch würde es dir helfen die Sache zu verstehen oder würde es dich lediglich dazu verleiten deinen Unmut auf eine einzelne Person zu richten? Würde ich dich damit Mitgefühl lehren oder dich nicht doch dazu verführen, den schnellen Weg zu wählen?“ Ja, eigentlich hatte er vorgehabt ihre Fragen zu beantworten, doch ging es nicht, ohne auch ihnen Fragen zu stellen. Fragen, die sie sich selbst beantworten mussten und auch durchaus beantworten konnten. Es war nicht falsch, auf Dinge zu hören, die einem jemand anderes sagte, aber es war auch nicht falsch, sich seine eigenen Gedanken zu machen. Sich eine eigene Meinung zu bilden, seine eigenen Schlüsse zu ziehen, so festigte dies doch die Person, die man selbst war. Man sollte stets man selbst bleiben und nicht zu einem Abbild einer anderen Person werden. Mochte sein, dass dieser Weg nicht einfach war und viele Stolpersteine bot. Gespickt war mit Rückfällen und Fehlversuchen. Aber es war ein Weg der wert war gegangen zu werden.

„Wir werden nicht zulassen, dass sich so etwas noch einmal wiederholen wird“, fügte Luke seinen Worten noch hinzu und griff damit eine Frage auf, die Koryn zuvor gestellt hatte. Er konnte nicht mit reinem Gewissen sagen, dass das Praxeum auf Naboo noch sicher war, so wusste er nicht, was Lee alles erzählt haben mochte. Aber er musste nicht einmal selbst etwas verraten haben, so hatte das Imperium doch ihre ganz eigenen Methoden um an diese Informationen zu gelangen. Niemand konnte ausschließen, dass man Lee nicht hier her gefolgt war. Luke hatte seine Bedenken, doch hatte er nicht vor seine Schüler damit zu belasten. Diesem Problem mussten er sich mit anderen zusammen annehmen. Die Schüler sollten zur Ruhe kommen und nicht jeden Tag von der Furcht begleitet werden, dass sich ein solches Ereigniss noch einmal wiederholen könnte.
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