[[Ein Gemeinschaftsprojekt von Koryn und Mytria in Skype.]]
Mytria war erstaunt, und auch entsetzt, dass Koryn ihr tatsächlich helfen wollte. Warum änderte er jetzt seine Meinung? War er wieder ein guter Freund? Die junge Frau räusperte sich, strich zwei Haarsträhnen aus dem Gesicht, während sie ihn für zwei Atemzüge anblickte. "Ja," antwortete sie mit einem unterdrückten Kichern. Sein Plauderton machte sie Situation so weltfremd, so entfremdet, dass sie über die kruden Wäscheberge und die schlecht gepackten Koffer belustigt reagieren musste. "Nach Hause," meinte sie dann mit einem Seufzen.Zu seiner Verteidigung: Es war wirklich nicht einfach, Mytria verstehen zu können, wenn sich ihre Launen scheinbar wie ein Fähnchen nach dem Wind richteten. Gerade hatte Koryn wieder die sanfte Brise vor sich, aber der Orkan konnte jederzeit zurückkehren. Er musste einsehen, dass beide Seiten zu ihr gehörten, auch wenn ihm die eine nicht besonders gefiel - und diese mithilfe der Macht auch Schaden anrichten konnte. "Hm... Dann sollten wir wohl besser anfangen, hier wieder Ordnung zu schaffen", sagte der Kel Dor, machte aber keinerlei Anstalten, aufzustehen. "Wo liegt dein Zuhause?"
Mytria schämte sich, doch konnte nicht zugeben, sich falsch verhalten zu haben. Es würde sie schwächen. Sie hatte einst gelernt, dass man Schwäche niemals zugeben dürfte. Man konnte sie zeigen, man konnte sich falsch verhalten aber niemals eingestehen, dass man falsch lag. Wenn man dies zugab, würde man davon verfolgt. Für sie war es logisch und doch so fatal. Koryn tat ihr gut. Seine Nähe, seine ruhige baumhafte Art, stabilisierte ihren unruhigen Wind. "Ja," wiederholte sie mit einem vorsichtigen Lächeln, während sie willkürlich ein Oberteil vom Stapel griff, um dieses auf ihrem Schoß zu falten. Eine hilflose Geste. "Auf Herdessa," sagte sie dann als Antwort, während beide holpernd wieder in ein Gespräch fanden.
Als Mytria damit anfing, ihre Kleidung behelfsmäßig wieder zusammenzulegen, imitierte Koryn diese Geste. Achtete darauf, nicht nach einem Kleidungsstück zu greifen, dass sie beide in Verlegenheit bringen konnte. Aber es gab dem Mädchen etwas zu tun und er war sicher - zumindest beinahe - dass es damit enden würde, dass die Kleider ihren Weg zurück in die Schubladen fanden. Und die Schubladen wieder in die Schränke. "Herdessa", wiederholte Koryn und legte das deutlich, wenn auch nicht absichtlich schlechter gefaltete Oberteil vor sich hin. Sichtlich unzufrieden mit seiner Arbeit, auch wenn es ihm Zeit verschaffte. "Der Name sagt mir nichts", gab er zu. "Aber auf Dorin habe ich auch fast nur von den Planeten gehört, die in den HoloNet-Nachrichten genannt wurden oder deren Bewohner mit uns gehandelt haben." Eine weitere Pause, während er verzweifelt versuchte, herauszufinden, wie man das nächste Kleidungsstück richtig faltete. "Ist es schön dort?", tastete er sich behutsam weiter voran. "Meinst du, ich würde dort auffallen?"
Was war dieses Gefühl? Etwas schenkte ihr Wärme, etwas Hoffnung. Koryn gab ihr erneut dieses Gefühl von Vertrauen, was sie wirklich nicht erklären konnte. Die Galaxis war immer noch furchtbar aber etwas in ihr strahlte warm. Mytria legte das gefaltete Kleidungsstück in den Koffer, nahm ein nächstes und wiederholte den geübten Schritt. Sie hatte einst oft viele Kleidungsstücke erworben, diese oft sortiert und bewundert. Dabei hatte sie sich eigentlich nie viel aus Besitz gemacht. Sie mochte schlicht schöne Dinge, wenn auch ihr bewusst war, dass Schönheit immer im Auge des Betrachters lag. "Eine meistens schöne Welt," sagte die junge Frau, einen Pullover aus einem feinen Stoff erwischt hatte und dessen Ärmel sie behutsam umlegte. Mit einem lächelnden Angesicht bestaunte sie Koryns ungeschickte Technik, schmunzelte dann breit und griff ihm dann symbolisch unter die Arme. "So macht man das," erklärte sie mit sanfter Stimme, die ihre Hilfe offen anbot. Mit ihren langen und eleganten Fingern zeigte sie ihm eine einfache Technik, obwohl sie davon ausging, dass es ihm nicht wirklich helfen würde. Es war wohl auch nicht seine Art Kleidung. "Ich stamme nur von dort. Ich habe dort viel erlebt und ich will eigentlich nur wegen meiner Eltern dorthin zurück," antwortete sie, bevor sie ihre Hände auf ihren Schoß zurücknahm, um mit dem edlen Pullover weiter zu machen. Man wollte meinen, dass Mytria einen ganzen Kleidungsbasar besaß, wenn man auf die Berge an Farben und Stoffen blickte. Die Arbeit für beide würde so schnell nicht enden. "Es ist nicht wichtig, ob es dort schön ist. Meine Eltern sind dort. Egal, wo meine Eltern sind, dort ist es schön," meinte sie dann und offenbarte damit ihr tiefsitzendes Heimweh. Der Pullover war verarbeitet, im Koffer verstaut, und so griff sie zu einer Art Kleid, welches doch recht lang war und welches sie mit einem geschickten Wurf zusammenlegen musste. Sie schleuderte es einmal herum, legte es ab und begann es vorsichtig, sehr vorsichtig, einzufalten. Es bestand aus Leinen und war wohl auf einigen Welten als Sommerkleid bekannt. "Ich denke, ja. Du würdest dort auffallen," erinnerte sie sich an die Zeit als sie dort aufgefallen war.
Koryn war eher ein Mann fürs Grobe, auch wenn er sich ebenfalls auf Schnitzereien verstand. Doch die Feinheit und Vielfalt der im Zimmer verteilten Stoffe stellte ihn trotz Mytrias Anleitung vor ungeahnte Herausforderungen. Nun aber wollte er auch keinen Rückzieher machen und hoffte, dass ein geordneter Raum auch für geordnete Gedanken sorgen würde. Ihre Beschreibung von Herdessa klang nicht nach einem Ort, der ihr viel bedeutete. Natürlich konnte man es so auslegen, dass ihre Familie für sie am wichtigsten war. Aber die junge Frau verlor nicht ein gutes Wort über ihre Heimatwelt und sprach dadurch unerwartet Bände. Der Kel Dor war fast ein bisschen stolz auf sich, dass er dies erkannt hatte. "Ich hätte nicht fragen sollen. Ich falle überall auf, wenn der Planet nicht gerade Dorin heißt." Wie konnte eine einzelne Person nur so viel Kleidung besitzen? "Auch wenn mich die Leute im Praxeum bisher erstaunlich wenig angestarrt haben." Vorsichtig. Nicht zu weit. "Wissen deine Eltern, was du tun kannst? Können sie verstehen, was deine Machtbegabung für dich bedeutet?" Und konnten sie Mytria wirklich helfen, wenn die Galaxis wieder einmal über ihr zusammenbrach? Im Leben jedes Kindes kam einmal der Zeitpunkt, zu dem er sich von seinen Eltern lösen und eigene Wege gehen musste. Doch da Koryn etwa im gleichen Alter war wie Mytria, konnte er ihr diese Wahrheit kaum mitteilen, ohne altklug zu klingen.
Koryn tat ihr ein wenig leid. Einerseits hatte sie ihn, ihren einzigen Freund hier, zurückgewiesen und andererseits war auch er immer ein Fremder. Egal wohin er in diese Galaxis ging, war er immer ein Fremder. Es verband beide. Machte sie beide gleicher. Schließlich sprach er ihre Eltern an, was Mytria stocken ließ. Sie hielt die Bewegung ihrer Arme an. Das Kleid verweilte fast zusammengefaltet auf ihrem Schoß. Erst jetzt war das feine Stickmuster zu erkennen, welches den Außenstoff zierte. "Ja, sie wissen es und ...," sagte sie aber brach dann ab. Wieder zwei Tränen, die auf den Stoff ihres Kleides fielen. "... fürchten sich davor. Sie lieben mich und ich liebe sie aber sie wollten das ich lerne damit umzugehen." Erst jetzt wurde ihr etwas klar. Erst jetzt konnte sie begreifen, dass sie nur hier etwas lernen konnte, was auch ihre Eltern schützen würde.
Es entstanden Risse im Eis, auf das er sich gewagt hatte. Aber er brach nicht ein, stattdessen kam etwas mehr von Mytria zum Vorschein. Koryn versuchte auch weiterhin, Meister Skywalkers Ausgeglichenheit zu imitieren - und war erstaunt, wie leicht es ihm fiel, zu beobachten und zuzuhören. In der Ruhe liegt die Kraft. Wieder war er dieser Weisheit einen Schritt näher gekommen und hoffte, dass er die Erkenntnis auch am nächsten Morgen noch behalten würde. Jetzt, so glaubte der Jedi-Schüler, war der Moment gekommen, auf den er hingearbeitet hatte. Es musste ein schreckliches Gefühl sein, sich vor den eigene Begabung zu fürchten. Noch schlimmer, wenn es auch diejenigen betraf, die man liebte. Es war zu leicht, die Person und ihre Fähigkeiten miteinander zu vermischen. "Das tut mir leid." Diese Worte fielen ihm leicht, auch wenn das Gefühl, das sie begleitete, alles andere als angenehm war. Das sollte nicht so sein, erinnerte er sich an seine eigenen Worte vor ein paar Stunden. "Du solltest es nicht ihretwegen tun, sondern für dich. Damit du dich nicht länger davor fürchten musst. Hier. Mit uns." Vorsichtig legte er seinen Arm um ihre Schulter, hielt seine klauenartigen Finger etwas abgespreizt. "Die Macht verbindet uns. Ich kann nicht versprechen, dass wir immer einer Meinung sein werden." Das konnte der Windgeist in Mädchengestalt schließlich auch nicht. "Aber als angehender Ritter halte ich mich an mein Wort. Du bist nicht allein."
Mytria dachte nach. Stille entstand, aber nicht eine ungewollte oder unpassende Stille, sondern eine angenehme Stille. Sein Arm gab ihr Sicherheit, gab ihr genug Raum, um sich auf diesen Gedanken einzulassen. Endlich hörte er zu. Endlich war er als das hier, was er für sie immer gewesen war. "Es ist...," wollte sie einen Satz finden aber scheiterte. Sie beließ es dabei, kuschelte sich in seinen Arm, während sie ihre Augen schloss. Das Kleid rutschte von ihrem Schoß, entfaltete sich am Boden wieder und lag, einem weißen Teppich gleich, auf dem Boden. "Ich sollte es für alle tun," missdeutete sie und wollte nicht auf sein Argument eingehen, dass sie es für sich allein tun sollte. Mytria wollte es für alle tun; aber auch für sich selbst. "Die Macht," murmelte sie mit immer noch geschloßenen Augen, während sie ruhiger atmete. Ihr Herz schlug nicht mehr heftig, sondern entspannter in einem harmonischen Rythmus. "Wie eine Familie?" - fragte sie, als sie mit einem Ruck ihre Augen öffnete und ihren Kopf leicht anhob, um direkt in sein Angesicht zu blicken. Dabei fiel ihr auf, dass ihr das Kleid vom Schoß gerutscht war und sie hob das Kleidungsstück auf, ohne es erneut zu falten. Es war nicht mehr so wichtig. Anderes war nun wichtig.
Hatte er es etwa wirklich geschafft, den Wind zu zähmen? Noch war Koryn nicht ganz von seinem Sieg überzeugt, aber in seinem Herzen breitete sich bereits die wohlige Wärme von Erleichterung aus. Erst wollte er ihr widersprechen. Noch einmal betonen, wie wichtig es war, dass sie für sich selbst lernte, ihre Machtbegabung zu beherrschen und als etwas Positives anzusehen. Besann sich dann aber eines Besseren. Mytria schien kurz davor, einzuschlafen - und er würde einen Teufel tun, sie jetzt wieder aufzuregen! Dann aber ging von selbst ein Ruck durch das Mädchen und sie sah ihn direkt an. Nun erlaubte er sich auch ein Lachen, von dem er glaubte, dass es keinen Schaden anrichten würde. "Genau das. Daran glaube ich, auch wenn wir aus verschiedenen Teilen der Galaxis kommen." Umso schmerzlicher waren der Verrat und Verlust von einem aus ihrer Mitte. Aber das waren Gedanken für einen anderen Tag. "Aber ich muss dich warnen - ich bin ein äußerst anstrengender großer Bruder. Frag meine Cousine!"
Mytria schmunzelte, nickte ihm zu, während sie das Kleid lustlos in den Koffer warf. "Ich bin wohl eine anstrengende Schwester," meinte sie im Scherz, obwohl etwas Wahrheit darin lag, die sie selbst nicht ganz verleugnen konnte. "Wollen wir zurückgehen?" - offenbarte sie und somit auch den Wunsch einer versteckten Entschuldigung. Ja, sie wollte sich bei Luke entschuldigen. Irgendwie.
Gerade noch rechtzeitig konnte er verhindern, dass ihm ein Stück Wahrheit über die Lippen kam. "Es war kein leichter Tag", lenkte er mit Bedauern ein. "Für keinen von uns." Es wurde Zeit, dass er zuende ging. Aber vorher mussten sie Mytrias Quartier zumindest noch die Illusion von Ordnung wiedergeben. Skeptisch blickte er in Richtung der Koffer, die sich noch immer füllten, auch wenn ihre Besitzerin ihnen deutlich weniger Aufmerksamkeit schenkte. "Ich glaube, wir müssen uns erstmal um das Chaos hier kümmern. So willst du nicht einschlafen. Zumindest dein Bett sollte frei sein." Wahrscheinlich hatte Meister Skywalker auch gerade noch genug zu tun und würde es verschmerzen, wenn Mytria erst morgen mit ihm sprach. Ihre Anwesenheit würde bereits genug aussagen - sofern sich der Wind nicht wieder drehte... "Du solltest versuchen, etwas Ruhe zu finden." Er selbst klang auch etwas müde, ausgelaugt von den vielen Emotionen, die er heute empfunden hatte. Scheute sich noch etwas vor dem Schlaf und möglichen Albträumen. Aber sie beide mussten diesen Tag vergehen lassen - und morgen würde die Welt hoffentlich wieder ein Stückchen besser aussehen. "Ja," antwortete sie und so begannen beide mit den Arbeiten, Mytrias Bett frei zu räumen.