#31
Das Schweigen, in dem sie den Rest der Aufräumarbeiten verrichteten, war einträchtiger Natur – und vermutlich auch ihrer wachsenden Müdigkeit geschuldet. Vielleicht hing auch gerade jeder seinen Gedanken nach, doch zumindest war es keine unangenehme Stille. Koryn kam sich nicht sonderlich hilfreich vor, da er weder großes Geschick beim Zusammenlegen besaß noch mit seinen Klauen den Stoff beschädigen wollte. Doch er hatte etwas anderes geschafft – etwas viel wichtigeres. Morgen würde Mytria an einigen Stellen vermutlich noch nachbessern müssen, doch zumindest musste sie nicht umgeben von Schuhen und Plastoid-Koffern schlafen. Der junge Kel Dor streckte sich, nachdem er auch die letzte Schublade wieder an ihren vorgesehenen Platz gebracht hatte, und wandte sich dann dem Mädchen von Herdessa zu. „Schlaf gut, Mytria.“ Er hoffte, dass sie beide von schlechten Träumen verschont bleiben würden. „Wir sehen uns morgen beim Frühstück.“ Es war eine Feststellung, keine Frage – auch wenn ein kleiner Funken Sorge blieb, dass sie sich einfach in der Nacht davonstehlen würde. Mit einem Nicken beendete der Jedi-Schüler seinen Abschied und verließ das Zimmer.

Draußen holte ihn der heutige Tag wieder ganz ein. Es war so still und er merkte, dass er seit Stunden nichts gegessen hatte. Dennoch war die Erschöpfung größer, sodass Koryn mit einem Umweg über den Erfrischer sein eigenes Quartier aufsuchte. Für eine kurze Weile nahm er seine Masken ab und hielt den Kopf einfach unter das fließende Wasser. Hier machte ihm der Sauerstoff nur wenig aus und es half dabei, Tränen, Schweiß und Schmutz abzuspülen. Wie würde es sich morgen anfühlen, wenn das Praxeum zu neuem Leben erwachte? Wie lange würde die Erschütterung über die Ereignisse andauern? In seinem Zimmer ließ sich der Kel Dor einfach auf sein Lager fallen und starrte an die Decke. So viel war heute geschehen, das seine Gedanken zum Schwimmen brachte und ihn keine Ruhe finden ließ. Er hatte Freundschaften geschlossen und verloren, Selbstsicherheit und Zweifel gefunden, Vertrauen und Verrat erlebt. War dem Jedi-Dasein einen Schritt näher gekommen und hatte doch erkennen müssen, wie weit er noch davon entfernt war. Seine neue Heimat hatte ihre Unschuld verloren, die in einer kriegsversehrten Galaxis ohnehin nur Schein gewesen war. Kurzum, Koryn war ein Stück erwachsener geworden.

Der Schmerz über all die schlimmen Ereignisse des Tages pulste durch seine Venen, doch in seinem tiefsten Kern lag auch Freude. Er hatte jemanden davon abhalten können, den Jedi-Orden zu verlassen und dabei gleichzeitig etwas über sich selbst gelernt. Nach etwas Nachspüren befand Koryn, dass er sich diesen Moment der Zufriedenheit verdient hatte. Wie würde Meister Skywalker reagieren, wenn er Mytria morgen sah? Würde er es als selbstverständlich annehmen oder davon ausgehen, dass sein Schüler etwas bei dem Mädchen bewirkt hatte? Er wollte seinem Meister gerne davon erzählen, ohne jedoch damit zu prahlen. Ist es wirklich so leicht, auf die Dunkle Seite abzudriften? Kann Leid dazu führen, dass wir jeden als unseren Feind betrachten? Müdigkeit umnebelte seine Gedanken und brachte vor allem Schwäche zum Vorschein. Koryn rollte sich in einer gemütlichen seitlichen Position zusammen und legte eine Hand auf seine Stirn. Im Halbschlaf konnten Ängste und Zweifel lauter wispern als am Tage und er fragte sich, wann die nächste unmittelbare Bedrohung für das Praxeum eintreffen würde. Ich muss stärker werden, war sein Vorsatz, bevor er endgültig in den Schlaf hinüberglitt. Ich muss sie beschützen können… Als Ritter…

Nach: Trainingszentrum
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