#32
Luke lächelte nur leicht vor sich hin, als sich Koryn vor ihm verneigte und dann Mytria hinterher eilte. Er wusste, dass es für sie nicht einfach war und ganz besonders nicht nach einem derartigen Abend. Ruhig blieb Luke vor dem Baum sitzen und schloss die Augen. Ließ die Geräusche der Nacht auf sich einwirken, konzentrierte sich auf seine Atmung und versuchte sein inneres Gleichgewicht wiederherzustellen. Versuchte Kraft zu tanken für das, was in dieser Nacht noch vor ihm lag. Es war sein Praxeum und es war seine Verantwortung für die Toten zu sorgen. Sie auf eine angemessene Art und Weise der Macht zu übergeben. Es gab niemanden, der ihm diese Bürde abnehmen konnte und selbst wenn sich jemand dazu bereit erklären würde, würde er es nicht akzeptieren können. Es war eine Verantwortung, die man nicht abgeben konnte und auch nicht sollte. Er hatte seine Zweifel gehabt, ob er diese Gemeinschaft wirklich gründen sollte, so hatte er die ganze Zeit die Angst davor gehabt, einen aus dieser Gemeinschaft an die Dunkle Seite zu verlieren. Er war jung und wusste selbst nicht viel über die Macht. Ja, er hatte in den letzten Jahren viel dazugelernt. War durch die Galaxis gereist und hatte Augen und Ohren offen gehalten, aber er hatte immer Bedenken gehabt, dass es nicht reichen könnte. Es war vermessen Anderen etwas zu lehren, was man selbst kaum verstand. Er hatte Lehrer gehabt – Ben und Yoda – die gewusst hatten, was sie taten. Sie hatten die Macht gekannt, verstanden und sie hatten viele Jahre damit verbracht sie zu begreifen und anzuwenden. Sie waren stark gewesen in dem was sie getan hatten. Wie hatte er nur denken können, dass er es ihnen gleich tun könnte? Dass er anderen der Lehrer sein könnte, die sie ihm gewesen waren. Er besaß nicht Yodas Verstand und nicht sein feines Gespür und noch weniger besaß er Bens Weitsicht oder seine Geduld. Ja, Luke hatte Zweifel gehabt und doch hatte er sie ignoriert und sie der Notwendigkeit gebeugt. Er hatte auf die Stimmen anderer gehört, anstatt auf seine eigene. Und nun war passiert, wovor er immer Angst gehabt hatte. Er hatte einen von ihnen an die Dunkle Seite verloren. Natürlich wusste er selbst, wie verlockend die Dunkle Seite sein konnte. Wie schnell es einem passierte, dass man sie nutzte ohne es sich darüber im Klaren zu sein und doch war es er selbst, bei dem er die Schuld suchte. Hatte er Lee nicht richtig vorbereitet? Gab es etwas, das er ihm nicht richtig erklärt hatte? Hatte er etwas übersehen? Hätte er etwas besser machen können? Luke konnte sich einfach nicht vorstellen, dass ihm kein Fehler unterlaufen war.

Leicht neigte sich sein Kinn in Richtung seiner Brust. Es war nicht seine Hand gewesen, die das Lichtschwert geführt hatte, welchen den beiden jungen Wesen das Leben genommen hatte und doch hatte er sie im Stich gelassen. Er hätte hier im Praxeum sein sollen und nicht den Bitten anderer folgen sollen. Sein Platz war hier und nicht auf irgendwelchen Planeten zu irgendwelchen Verhandlungen oder Gesprächen. Jedi sollten nicht zum Instrument der Politik werden und doch hatte er es mit sich machen lassen. Viel zu lange hatte er es geschehen lassen und nun hatte er den Preis dafür zu bezahlen. Er, der den Anwärter etwas von Verantwortung erzählte, hatte seine eigene aus den Augen verloren. Es war einfach nicht möglich allen Verantwortungen nachzukommen, die er sich auferlegt hatte oder die ihm andere auferlegt hatten und doch hatte er geglaubt, es irgendwie schaffen zu können. Stets fühlte er sich seiner Schwester, Han oder der Neuen Republik gegenüber verpflichtet. Hatte immer das Gefühl sie im Stich zu lassen, wenn er ihr Bitten nicht erhörte. Dabei wusste er am Besten, dass es ihm weder seine Schwester, noch Han übel nehmen würden, würde er ihr Bitten ablehnen. Immerhin gehörten sie zu den wenigen Personen, die ihn verstanden, wenn auch sie nicht nachvollziehen konnten, was für eine Belastung es sein konnte, ein Jedi zu sein. Sie fragten nie nach, wenn er ablehnte. Sie versuchten nie, ihn zu überreden oder zu drängen. Sie akzeptierten seine Entscheidung. So war es immer gewesen. Und doch hatte er sich für sie verantwortlich gefühlt. In seiner Jugend war er nie groß der Mensch gewesen, der an andere gedacht hatte. Eigentlich hatte es nur eine Person gegeben, an die er gedacht hatte und das war er selbst gewesen und selbst das hatte er oft genug ausgeblendet. Er hatte sich in Abenteuer gestürzt und war keinem Risiko aus dem Weg gegangen. Doch seit er Tatooine verlassen hatte, er auf Leia, Han oder Wedge getroffen war, er so vieles mit ihnen erlebt und durchgestanden hatte, war er zu einem anderen Menschen geworden. Nun dachte er an Andere und versuchte sie vor Unheil zu bewahren. Eine Sache jedoch war noch immer gleich geblieben – Er dachte nicht an sich. Oftmals war er in den letzten Jahren an seine psychischen, wie auch physischen Grenzen gegangen und nicht selten hatte er diese auch überschritten. Doch niemals für sich, sondern stets für Andere. Aber war nicht genau das seine Aufgabe? Seine Aufgabe als Jedi? Für all diejenigen einstehen, die es selbst nicht konnten? Die verteidigen, die sich selbst nicht verteidigen konnten? Denen zu helfen, die sich selbst nicht helfen konnten? Für die Schwachen einzustehen, weil es sonst keiner tat? Doch wann war seine Hilfe wirklich angebracht und wann glaubte er nur, es tun zu müssen? Luke hatte oftmals Schwierigkeiten eine Grenze zu ziehen. Die Grenze zwischen dem, was wirklich getan werden musste und dem, von dem er glaubte es tun zu müssen. Immer öfter hatte er in den letzten Wochen das Gefühl gehabt, seinen Halt zu verlieren.

Ja es gab die Macht und er vertraute ihr. Fand seine Kraft in ihr, doch den Halt, den er sich im Augenblick wünschte, konnte auch sie ihm nicht bieten. Sie konnte ihm nicht sagen, wie er sein Praxeum zu führen hatte. Sie konnte ihm nicht dabei helfen, mit schwierigen Schülern wie Mytria zurecht zu kommen. Sie konnte ihm nicht sagen, was er den Anwärter beibringen musste und wie er es ihnen beibringen sollte. Womit er anfangen sollte, was er worauf aufbauen sollte. Er selbst hatte so viele Fragen, wie sollte er da Antworten geben können? Immer mehr beschlich Luke das Gefühl, dass er sich mit dem Praxeum übernommen hatte. „Ich bin noch nicht bereit für diese Verantwortung“, sprach er in die Stille der Nacht, ohne dabei die Augen zu öffnen. „Ich weiß selbst noch viel zu wenig und ich kann nicht noch mehr in Gefahr bringen.“
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