#6
Spielleiter

Als der Neuankömmling den Eingang betrat, breitete sich bereits der Gestank des Todes vor ihm aus. Nicht der des akuten, sondern der eines schleichenden, aber bald schon kommenden Todes, der so lange an einem zehrte, ehe er die Oberhand gewann. Zahlreiche Tragen waren vor den jeweiligen Zelten gestapelt, aber nur einige wenige Personen waren in der Versorgungsstelle zu sehen. Einige traten zusammen und musterten den Unbekannten überrascht, tuschelten untereinander, doch zunächst traute sich niemand hervor, um sich dem Anzat zu stellen. Zu groß war der Respekt, aber vielleicht auch die Vorsicht. Leid zog auch viele dubiose Subjekte an und niemand konnte wissen, in welche Kategorie nun dieser fremde Mann fallen würde. Ein ganzes Imperium hatte nichts für sie tun können – wer ging schon davon aus, dass ein Einzelner dazu imstande sein könnte?

Schließlich trat einer der Firrerreo hervor. Ein älterer Mann mit golden schimmernder Haut und feinem weißen Haar. Tiefe Falten hatten sich in sein ansonsten würdevolles Gesicht gegraben, schwer zu sagen, ob sie eine Folge des Alters oder der Anstrengung waren. Der Firrrerreo stellte den Fremden mitten auf dem provisorischen Weg, versperrte ihm somit den weiteren Weg ins weitere Innere des Lagers und zwang ihn somit in sicherer Distanz zum Stehenbleiben.
„Ich bin Haron, der Aufseher dieses Lagers“, stellte sich der Firrerreo etwas feierlich, aber ohne jede Freude oder Euphorie über diese seine Aufgabe vor, während er Quel zu mustern begann. Es erschien als ehrliches Interesse und als überraschte Neugier, nach langer Zeit oder überhaupt jemals wieder eine fremde Person von außerhalb zu sehen, die nicht eingeliefert wurde, weil sie Symptome der Seuche zeigte. Leicht vergrößerte Augen legten ein Zeugnis über die Verwunderung dieses Umstands ab. Schon optisch unterschied sich ihr Gast sichtbar von einem Firrerreo, daher schien die Vermutung gerechtfertigt, es müsse sich um einen Fremden aus dem Weltall halten. Der Aufseher war in ein weites, graues Leinen gekleidet, über der einen Schulter trug er einen blauen Mantel, der ihn womöglich in seiner Position bestätigte. Dennoch wirkte die Kleidung abgetragen und längst nicht mehr neuwertig.
„Wer seid Ihr, Fremder?“, fuhr Aufseher Haron schließlich direkt fort. „Und was sucht Ihr an diesem verlassenen und vergessenen Ort? Sucht Ihr Ruhm oder Geld, so könnt Ihr hier nichts dergleichen erhoffen. Ihr werdet hier nichts als den Tod finden können.“
Allmählich näherten sich auch andere Firrerreo, die meisten davon mit einem Medi-Kreuz am Oberarm versehen, das sie als medizinisches Hilfspersonal oder gar Ärzte deklarierte, manche auch mit einem provisorischen Mundschutz, und verfolgten die Begegnung aufmerksam. Keiner von diesen schien bewaffnet zu sein und in den einfachen Kleidern bot sich auch kaum Platz für eine verborgene Waffe. Nur die wenigen, die nicht als medizinisches Personal galten, besaßen neben dem Aufseher primitive, am Gürtel befestigte Schlagstöcke, so dass sie wohl als Wachen anzusehen waren. Keiner davon wirkte jedoch allzu erfahren im Umgang damit, noch aggressiv gegenüber dem Fremdling. Letztlich schien nur niemand mit der Ankunft eines Fremden gerechnet zu haben. Kehrte das Imperium zurück? Half es Firrerre nun vielleicht doch noch? Aber der Fremde wirkte nicht wie einer der Diener des Imperiums, die den Planeten oder jedenfalls seinen Orbit noch vor kurzem verlassen hatten. Nun war zwar letztens bekannt geworden, dass die firrerrische Übergangsregierung die Neue Republik um Hilfe gebeten hatte, doch nach den Erfahrungen mit dem Imperium, vor allem aber auch auf Grund dessen Hilflosigkeit im Umgang mit der Seuche vermochte sich niemand ernsthafte Hoffnungen zu machen, dass sich dadurch etwas ändern würde.
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