#34
Das eine Wort, dieser eine Name, rief die alten Narben herauf, die in Vaash schlummerten. Eriadu war nicht nur eine Niederlage gewesen, sondern auch ein seelischer Bruch. Als Varpasi dieses Wort aussprach, zuckten kaum merklich die Augen des alten Mannes, der sich erinnerte. Dieser Konflikt, der inzwischen ein allumfassender Krieg war, nahm ihm Stück für Stück seine einstige Zuversicht. Es gab nichts mehr, was sich zu halten lohnte aber dennoch hielt Vaash an allem fest. Es gab keinen Grund, keine Möglichkeit, zurückzukehren zu der alten Welt, die er innerlich herbei sehnte. Die alte Republik war tot. Das Imperium starb und doch war da ein letzter Funke im Schießpulver, der die Waffen feuern ließ. Es gab noch einen zornigen Widerstand gegen das einfache Vergehen. Ein Eid erforderte Tapferkeit. Und vor der Geschichte war Tapferkeit ein Kriterium, das man später bewunderte. Nein, er war nicht bereit für seine alten Ideen unzählige zu opfern oder seine eigene Familie aber er war bereit seinem Leben noch einmal Gewicht zu geben. Die Republik rückte näher heran. Die Grenzen waren nicht mehr fest und an vielen Fronten kämpften alleinstehende Verbände einsam um eine Entscheidung. Vaash wollte diesen Verbänden nicht nur Beispiel, sondern echte Entlastung sein. Das war es, was ihn nach Eriadu zusammen gehalten hatte. Nicht die Wahnsinnigen sollten herrschen, sondern die Tapferen und Mutigen. Während die Gierigen und Korrupten flohen, konnten die Tapferen stehen und beweisen, was ein Imperium war. Es war der Triumph eines freien Willen gegen die Ungerechtigkeit. Die Republik wollte mit Terror einen Staat stürzen, der mit Sicherheit seinen Untergang selbst beschworen hatte aber mit ähnlicher Sicherheit konnte sie für Vaash nicht die Antwort sein. Beide Systeme waren faulig. Man musste sich schlicht für eine Seite entscheiden. Tiberius Vaash hatte sich für seine Seite entschieden, ohne alles gut zu heißen. Unter anderen Umständen wäre er sogar ein guter republikanischer Offizier geworden aber seine Eidstreue und seine Sehnsucht nach Ehre verblendeten ihn und machten einen Seitenwechsel unmöglich. Man verließ seinen Lehnsherren nicht im Angesicht einer Übermacht. Es war ehrlos und als ehrloser Narr wollte er nicht sterben. Lieber als treuer und tapferer Narr, der im falschen Glauben an das Gute kämpfte. "Eriadu war nicht nur eine Niederlage, Admiral. Es war und ist ein Symbol," meinte der Alte nüchtern, der seine Narben wieder in sich verschloss, während ein paar Zeilen mit einer Hand in sein Terminal tippte, um den Vorgang zu vermerken, dass er Varpasi degradiert hatte. "Bürokratie," sagte er dazu, während er seinen Kopf zum Holoschirm drehte, um zu lesen, was er geschrieben hatte. Er sprach das Wort abwertend aus aber vermittelte damit, dass er dazu gezwungen war. Als Flottenchef war es nun mal auch seine Aufgabe gewisse Personalangelegenheiten zu klären und schriftlich zu fixieren. Schließlich beendete er seine Arbeit am Terminal, wandte sich wieder zum Admiral. "Ehre findet sich in einem ehrbaren Leben. Ich erwarte Tapferkeit und Treue, Admiral. In der Operation, die ich ihnen gleich eröffnen werde, werden wir besonders darauf angewiesen sein," erklärte Tiberius Vaash, der bemerkte, dass sein Gegenüber bereits das Weinglas aufgenommen hatte und bereits einen Schluck zu sich genommen hatte. Er selbst hob sein Gruß nach den Worten zum Gruß an. "Auf eine gute Zusammenarbeit," wiederholte der Flottenadmiral, bevor er das Glas leerte, um es im Anschluss neben dem Terminal abzustellen.

"Ja, nicht ganz günstig diese Flasche," scherzte der Alte mit einem fürsorglichen Lächeln und stand dann auf, um einen Holoprojektor unweit von Varpasi anzuwerfen. Hierzu drückte er einen Schalter an der Wandkonsole. Ein paar Sekunden später wackelte der kreisrunde Projektor an der Decke brummend, wohl ein älteres Modell, bis er dann laut klickend ansprang und ein Planetensystem zeichnete. Vaash stand daneben und zeigte auf das System und sagte dann in sachlicher Tonlage: "Das ist Atrisia, besser bekannt als die Gemeinschaft von Atrisia, ein System, welches seine Tributzahlungen an das Imperium eingestellt hat. Es reagiert bis zum heutigen Tag nicht auf Anforderungen und Wünsche des Oberkommandos, der Administration oder des Thrones selbst." Kurz blickte er auf die Hauptwelt, die im System mit einem blinkenden Dreieck markiert war. Danach blickte er wieder zu Varpasi.

"Unsere erste Aufgabe ist es, die Tribute einzufordern und im Zweifel den Welten ein Ultimatum zu stellen. Die Wahl des Zwanges unterliegt mir, da ich die nötige Freigabe vom Thron erhalten habe," setzte er dann fort, wobei er mit einer Fernbedienung, die er der Wandkonsole entnahm, an Atrisia heran-zoomte. "Die Welt wird derzeit von einer Person, namens Marrtus Tching regiert. Er selbst bezeichnet sich als Großkönig und ist dem Imperium einst treu gewesen. Der Umstand diverser Niederlagen scheint ihm jedoch die Chance eröffnet zu haben, die Tribute einzubehalten. Aufgrund der Wertigkeit dieser Welt und der herausgehobenen Stellung in unserer militärischen Historie, kann ein Ausscheiden der Gemeinschaft von Atrisia nicht geduldet werden. Ihre Loyalität muss erneut gesichert gewerden, da ansonsten weitere Tributsysteme ausbrechen könnten. Atrisia besitzt kaum eine nennenswerte Verteidigung. Der Nachrichtendienst geht von einer kleinen Flotte an Korvetten aus mit einigen Staffeln an Z95-Sternenjägern," erklärte Vaash den Hintergrund zur Mission, so knapp, wie möglich, bis er mit einem schnellen Tastendruck ein anderes System einblendete.

"Unsere nächste Aufgabe wird es sein, nach Beschaffung und Aufnahme entsprechender Güter, die Befestigung von Denon zu unterstützen. Denon wird Frontwelt werden, da Druckenwell auf Dauer nicht zu halten ist. Denon ist als Abnutzungskampf für die Republik geplant. Wir sollen Trägerschiffe eskortieren und Material transportieren. Auch werden wir frische Truppen aufnehmen, die verlegt werden. Atrisia dient hier als Dock und Sammelpunkt, auch um dieser Welt Nahrung zu entnehmen, um sie Denon zu zuführen," sprach er, während er mit der Fernbedienung den Zoom auf Denon legte. Man sah bereits einige Einblendungen und kleinere symbolisierte Schiffe, die Material anlandeten. "Teile der Versorgungsflotte liefern bereits vorgefertigte Befestigungen und stationäre Waffen an, Admiral," meinte er, bevor er den Projektor deaktivierte und die Fernbedienung wieder in die Konsole steckte, bevor er sich wieder auf seinem Sitz niederließ. Er verschränkte die Arme vor der Brust: "Fragen, Admiral?"
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