#2
Dieser Tag war überaus anstrengend für den beleibten Derricote, welcher den schwarzen Schutzanzug mehr schlecht als Recht über seinen Körper gedrängt hatte. Die Maske lag neben ihm auf dem großen Arbeitstisch aus poliertem Edelstahl, welcher im Halogen-Licht oft reflektierte, je nach Blickwinkel. Die enganliegende Handschuhe vermochten seine Handbewegung nicht wirklich einzuschränken, quietschten aber bedrohlich, wenn sie sich über den polierten Stahl bewegten. Es war ein ziehendes Geräusch, das durch Raum galoppierte und nach einem kurzen Echo in die Ohren gelangte. Der Wissenschaftler, grausam, wie ehrgeizig, ging noch einmal die Formelzeichnungen durch, grübelte, bis er sich entschied, eine kurze Pause zu machen. Derricote stand auf, zog mit einer uneleganten Bewegung die Handschuhe aus, die in einem Müllschacht unweit der Schleuse verschwanden, durch die er trat. Es zischte, nebelte und durch das Dröhnen der Tür wurden die Probanten im hinteren Teil des Labors aufgeschreckt welche in Glaskästen vor sich hin vegetierten; infiziert mit verschiedenen Stärken von Schwarz. Der imperiale Forscher musste die Ausbreitung, das Verhalten des sith-alchemischen Giftes oder viel mehr dieser andersartigen Krankheit verstehen, um überhaupt einen militärischen Einsatz vornehmen zu können. Noch war die Wirkung nicht berechenbar, wie sich an unzähligen Fehlexperimenten zeigte. Die aufgescheuchten Personen verschiedener Spezies drängten sich ihrer vernünftigen Sinne beraubt an die Scheiben, kratzten mit ihren Händen daran. Auf diesen zeichneten sich schwarze Äderchen ab, bildeten sich große eitrige Blasen, die bei einigen aufplatzten als sie wild gegen die verstärkten Gläser hämmerten. Sie starben hier, und für Derricote war dieser Prozess überaus wertvoll, da er zwei wichtige Fragen beantworten würde: des Wie? und des Wann? Die armen Geschöpfe wurden von schwarzen Tumoren durchzogen, die nach und nach jede Ursprünglichkeit ihrer Existenz verstellten; mal mehr und mal weniger. Jedoch bei allen hatten sich die Augen unter dem längeren Einsatz des Mittels tiefschwarz verfärbt, wie eine schwarze Perle in einem Gefängnis. Die unterschiedlichen Dosen hatten definitiv unterschiedliche Wirkungen. Die Mutationen teilten nur wenige Konstanten, doch aus ihnen stach die Verfärbung der Augen und der enthemmte Wahnsinn heraus. Ein Wahnsinn, welcher sich aus verschiedenen Albträumen speiste. Vesperums kranke Schöpfung wuchs gierig, wie eine Pestilenz in die Herzen und die Körper.

Derricote lächelte breite als er endlich die Schutzschleuse verlassen konnte. "Ah", machte er als dort ein Teller mit einem Sandwich stand. Er hatte Hunger, ehrlichen Hunger nach den vielen Stunden mit den Konzeptpapieren, Zeichnungen und Realstudien. Auch das Geschrei der Testsubjekte und deren Gestank widerten ihn an. Nicht, dass es ihn - ein fanatisch-überzeugter Imperialer - nicht reizte, Rebellen leiden zu lassen und die wahre Macht des Imperiums über sie zu zwingen, indem man denen, welche sich gegen das Imperium stellten, jedwede Persönlichkeit vernichtete, mitsamt dem Fleisch. Das Schwarz war eine wunderbare Erfindung, deren Nutzen noch erkenntlich werden würde. Leider hatte seine Majestät ihn noch nicht vollständig in den Zweck eingeweiht, was ihn missmutig stimmte. Es war als ob man mit einer Lupe Ameisen verbrennen würde. Es hatte seinen wissenschaftlichen Reiz, deren Verhalten zu studieren aber wirkliche Kontrolle über die Ameisen stellte es nicht her. Es war surreal, wie er doch jedwede Andersartigkeit als insektenhafte Plage betrachtete. Es machte vieles leichter. Vielleicht widerten sie ihn deshalb an. Wer ein Insektengift herstellen wollte, musste es auch erst testen. Derricote griff mit einer prankenhaften Bewegung nach dem Brot und hob es vom grauen Teller. Ein saftiger Biss und übermäßige Kaubewegung verdrängte den Ekel aus dem Labor; die Schreie waren längst verdumpft durch das wieder geschloßene Schott. Da piepte unweit die kleine Holoplattform, die in einer Konsole verbaut war. Der Forscher wollte abwinken, seinen Abendsnack genießen, den er sich mit harter Arbeit verdient hatte. Das Imperium verdankte ihm viele wundervolle Dinge. Das Piepen wurde immer eindringlicher, so dass er sich doch näherte, das Sandwich weiterhin mit unterbrochenen Bewegungen zum Mund führend. "Wer mag...," fragte er sich halblaut als er auf den Bildschirm blickte. Seine verkniffenen Augen rissen sich ein Stück weit auf. Imperiale Prioritätsmeldung: Kommunikationsinteresse des Throns. Derricote verschluckte sich fast an einem Stückchen, von dem sich ein Salatblatt ungünstig in Richtung Luftröhre bewegt hatte. Mit einem Satz sprang er zurück zum Teller, um das Brot abzulegen. Hektisch wischte er seine beiden Hände am Schutzanzug ab, auch fuhr er sich einmal mit der Rechten über das imperiale Speichenlogo auf seiner Brust. Schließlich aktivierte er die Übertragung.

"Eure Majestät," sagte er unterwürfig aber selbstsicher, während er sich mit einer Serviette den Mund abwischte, die schnell in einem kleinen Papierkorb entsorgt wurde. Darth Vesperum stand in seiner üblichen säulenhaften Haltung vor ihm; zwar deutlich minituarisiert als blaues Hologramm aber es änderte nichts an der erhabenen Verborgenheit des Gesichtes, welches unter der Kapuze lag. Nur ein Mund mitsamt einem kalten Ausdruck verweilte in Derricotes Wahrnehmung. "Wie steht es um das Projekt?" Der Imperator wollte eine direkte Antwort. Höflichkeiten waren nicht notwendig. Der imperiale Wissenschaftler antwortete, nachdem er sich selbst eine kurze Bedenkzeit gab. "Die Proben waren ausreichend. Auch die Testsubjekte der verschiedenen Spezies. Noch ist mir die Ausbreitungseffizienz nicht klar; ebenso wenig, wie eine ich eine stabile Aerosol-Form herstellen kann. Codename Black Moon ist etwas völlig Neues, was die Eigenschaften eines Giftes mit denen einer Infektion paart. Ein giftiges, wie Krebs wachsendes, Virus auf Basis von Nanokristallen. Ich bin beeindruckt von euren Künsten, mein Imperator." Der dunkle Lord hob die Hand abweisend. "Ich will kein Lob, Derricote. Ich will Ergebnisse. Unsere Feinde begrenzen unsere Zeit." Eifrig nickte der Imperiale. "Jawohl. Ich werde mein Bestes tun und sogar mehr als das. Die Pläne von Codename Black Star sind vielschichtig aber werden meine Arbeit erheblich erleichtern. Ich konnte bereits die Mutationen klassifizieren." Wiedermal hob der Imperator die Hand, welche vom schweren Robenmantel umhüllt wurde. "Ich stelle euch entsprechende Mittel gerne zur Verfügung. Ich erwarte einen vollständigen Bericht in zwei Wochen." Derricote nickte abermals, wobei der Schutzanzug sich am Bauch kurz spannte. "Selbstverständlich, Majestät." Das Hologramm deaktivierte sich ohne weitere Worte und das kranke Genie grinste. "Es kommt immer nur darauf an, was wir aus dem Leben machen," sagte der träumende Mann als er erneut die Reste seines Sandwiches anhob.
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