#11
Die Rede von Rae Sloane nahm Cassio dergestalt auf, dass er – sobald er angesprochen worden war – zu ihr herüberblickte und dieser Blick auch bis zum Rest ihrer Worte auf ihr verweilte. An anderer Stelle, zu einer anderen Zeit hätte Cassio vermutlich anerkennend genickt, aber hier und jetzt kam der Vizeadmiral nicht umhin, einiges in ihrer Rede als Verkennung der Realität ansehen zu müssen. Nicht einmal aus Idiotie oder Wahnsinn, weder das eine noch das andere würde er Admiral Sloane unterstellen. Sondern vermutlich eben daher, weil die Realität schlichtweg unvorstellbar war. Vom beschworenen Kampfgeist konnte derzeit kaum eine Rede sein, wenn man nicht gerade den Reden von Ishin-Il-Raz anheimgefallen war. Noch nie hatte es so viele Erschießungen wegen Fahnenfluchts oder Feigheit vor dem Feind gegeben; nicht einmal annähernd. Und in Teilen des Reichs galt nun schon ein Aufruf zur Wehrpflicht. Nicht nur ganze Schiffe und deren Besatzungen, sondern ganze Großverbände waren so desillusioniert, dass sie nicht einmal mehr für die gemeinsame imperiale Sache kämpften. Cassio verzog kurz das Gesicht, nicht aus Abscheu, sondern es mischte sich eher etwas von Bitterkeit hinein. Er wünschte sich, die Realität, wie Sloane sie zeichnete, wäre die, in der sie jetzt lebten. Aber das waren Hirngespinste, Phantasie. Sicherlich war es einfacher, sich darin zu flüchten, in eine noch bequeme Welt, die so gut funktionierte wie früher. Doch am Ende war es eben doch nur das: eine Flucht und eine Einbildung. Die Frage war nur, wann man es erkannte. Cassio sah die Existenz des Imperiums auf dem Spiel, spätestens seit Endor in absolut realer Weise. Aber noch nie in der fundamentalen Form wie jetzt. Je früher sich alle darüber im Klaren waren, dass es bereits jetzt und hier um nichts anderes als das Überleben des Staates ging, desto früher konnte diese Realität sich auch in ihrer Politik und ihrer Militärstrategie niederschlagen. Solange es aber immer noch Leugner und Schönredner gab, die sich dem verweigerten, klammerten sich auch andere noch an diese Hoffnung, um die unbequeme Realität nicht sehen zu müssen.

Ein lautloses Seufzen schloss sich an. Betreten sah er in Richtung des Tisches vor ihm, als schließlich Admiral Vaash wieder das Wort ergriff, um schlussendlich beiden halbwegs zuzustimmen und sein eigenes Vorhaben zu erläutern. Cassio hörte sich auch das zunächst wortlos an. Vermutlich war es gut, dass Vaash als Vorgesetzter bei der Sache blieb und nicht auf die Haltung von Sloane konkret einging, auch wenn der ehemalige Stabschef aufgrund ihrer vormaligen Treffen insbesondere vor der Gala im Zentrum praktisch wusste, dass dieser die Lage eigentlich ähnlich schwierig einschätzte. Aber als verantwortlicher, guter Vorgesetzter ergab es wohl keinen Sinn, eine wenn auch übermotivierte, aber doch immerhin motivierte Kämpferin jetzt innerlich zu zerstören. Ihr Tatendrang konnte sich noch als hilfreich erweisen. Oder als tödlich.

Als Vaash sich Cassio zuwandte, damit dieser im Anschluss seine Meinung zu den Ideen sagte, nahm dieser zunächst seine Hand fort von dem Glas und fingerte nicht ganz elegant an seiner Brusttasche herum, von wo er eine Cigarra hervorkramte, nahm sie zwischen seinen linken Zeige- und Mittelfinger.
„Wenn Sie gestatten, Admiral?“, fragte er jedoch zunächst seinen Vorgesetzten der Höflichkeit halber und verzichtete auch darauf, diese vorher anzuzünden, so die Erlaubnis überhaupt erteilt werden sollte. Kurz dachte er über das Gesagte nach.
„Taktische Einschätzungen von mir sind lange her“, gestand Cassio unumwunden und ohne jede Scheu oder Scham ein. Letztlich war dieser Punkt aufgrund seines langjährigen Verwendungszwecks auch kein Geheimnis, doch anders als einige Frontoffiziere empfand er daran auch nichts Ehrenrühriges. Seiner Erfahrung nach schmiedeten viele Menschen gute Pläne. Oder besser gesagt solche, die im ersten Moment gut klangen gegen einen Gegner, der einem blind ins Messer lief und im Anschluss auch nicht adaptierte. Das würde hier aber nicht geschehen. Grunger hatte Kampferfahrung, vielleicht so viel wie Vaash selbst, und war niemand, der sich in einer Schlacht leicht in die Defensive drängen ließ. Der Name seines Flaggschiffes war Programm. Er zweifelte nicht daran, dass der Veteran Grunger – bei aller durchaus unbestrittenen Kompetenz Sloanes – aus dieser Hackfleisch machen würde, ohne sich allzu sehr anstrengen zu müssen. Und das mochte noch nicht einmal ihre Schuld sein.
„Doch ich gebe zu bedenken, dass – wenn ein Schiff umschlossen wird – eben dieses Schiff dadurch gleichzeitig in die Lage versetzt wird, seine volle Bewaffnung gegen uns einzusetzen. Das erscheint mir in unserer Situation nicht wie etwas, das für uns vorteilhaft ist.“
Er hob kurz die freie Hand an, um den aus seiner Sicht zweiten offensichtlichen Punkt zu unterstreichen.
„Außerdem bedeutet ein konzentriertes Vorgehen der gesamten Flotte für uns einen Vorstoß ohne jede Flankensicherung. Wenn uns seine Geleitschiffe in den Rücken fallen, können wir uns für den weiteren Kampf nicht einmal mehr formieren geschweige denn zurückschießen.“
Auffällig war womöglich, dass der Vizeadmiral zwar Probleme in dem Vorschlag einwarf, die beachtenswert sein konnten, andererseits aber keine Stellungnahme dazu abgab, wie dies besser gemacht werden könnte; das betrachtete er aber auch als nicht in seiner Kernkompetenz liegend.

Anders als Vaash war es Cassio jedoch ein gewisses Grundbedürfnis, Sloane noch etwas mit auf den Weg zu geben. Das Haifischbecken, in dem sie sich derzeit befand, sollte ihr sehr wohl bewusst sein.
„Admiral Sloane, ich bewundere Ihren Biss“, gab er schließlich noch zu, mit etwas gesenkterer Stimme als zuvor.
„Doch ich denke, Sie sollten vorsichtig sein, vor wem Sie solche Aussagen treffen. Manche würden sagen, Sie überschreiten damit Ihre Kompetenzen, und es als Aufruf zum Ungehorsam gegenüber dem Oberkommando interpretieren. Das ist momentan… keine kleine Sache.“
Der Vizeadmiral sah sie nicht an bei seiner Aussage. Sein Tonfall suggerierte eindeutig, dass das überhaupt keine Drohung, sondern eher ein gut gemeinter Ratschlag war, ohne sich dabei selbst zu weit aus dem Fenster zu lehnen. Sloane kannte Cassio nicht, sprach hier aber offen davon, dass sie kein Vertrauen in das Imperiale Oberkommando besaß und die Dinge praktisch selbst in die Hand nehmen wollte. So etwas konnte gefährlich sein, gerade im Moment. Denunzianten und Agenten des ISB waren vielerorts zu finden. Da Cassio Sloane selbst nicht gut genug kannte, um sie einschätzen zu können, war es auch für ihn eine heikle Situation. Gerade nach seiner Versetzung würde er wohl nicht viele Fürsprecher besitzen, die sich bedingungslos für ihn einsetzten. Und theoretisch konnte Sloane auch ein Agent Provocateur sein, ein eingesetzter Spitzel, um untreue Elemente zu finden.
„Wir nehmen die Strategie an, die uns vom Oberkommando zugewiesen wird, und nicht die, die irgendein Geschwaderkommandeur gerade für richtig hält. Das ist das, was uns von denen unterscheidet.“
Vermutlich war es wenig überraschend, dass mit Cassios langjährigem Posten im strategisch-planerischen Bereich einherging, dass er auch tatsächlich wenig von zu hoher Eigeninitiative der Frontoffiziere und von Abweichen von vorgegebenen Parametern oder von dem Infragestellen der operationellen Vorgaben hielt. Sie waren ein hierarchisches Imperium und eben keine Bande von Rebellen, bei denen jede Zelle tat, wonach es ihr gerade beliebte. Sloanes Vorschläge waren, ganz gleich davon, ob sie inhaltlich Recht hatte oder nicht, motiviert aus Eigeninteresse und dennoch trotz ihrer Rede auf die Sicherheit für das Imperium wenig im Interesse des Militärs, in dem sie gerade diente. Wenn jeder Kommandeur eines Großverbands nun eigenmächtig von Vorgaben abwich, war von einer koordinierten Abwehrhaltung des Imperiums gegen abtrünnige Offiziere oder gegen die Rebellen gar nicht mehr zu reden. Was die Ruhmsüchtigen an der Befehlskette nicht verstanden, war, dass jede Unterbrechung der Kette eben diese schwächte und damit Einbußen bei der Kampfkraft zur Folge hatte.

Sollte so etwas wie eine Falle in der Tat geplant sein, war offensichtlich, dass gerade sie der Köder sein sollten – es half ihnen selbst daher nichts, dort zuschlagen zu wollen, wo der Gegner schwach war, da sie gar keinen solchen aktiven Gestaltungsspielraum besaßen, schon gar nicht auf Geschwadergröße. Diese Vorgabe galt es zunächst zu akzeptieren und im Rahmen dessen die taktisch korrekten Schlüsse zu erörtern – so jedenfalls hatte Cassio auch die Frage von Vaash verstanden. Sie würden schon durch ihre Positionierung an der feindlichen Grenze zwangsläufig der Ort sein, an dem der Gegner stark sein würde, da Grunger bei einem Vorstoß in den Kern aus logistischen Gründen praktisch an ihnen vorbei musste – so er nicht einen riskanten Überraschungscoup landen wollte. Aber Grunger war nicht unbedingt ein rücksichtsloser Spieler wie etwa Harrsk, sondern eher ein kluger Denker, wenn er auch den Sieg bedingungslos über alles stellte. Die einzige Möglichkeit, den Gegner dort zu stellen, wo er schwach war, dürfte sich daraus ergeben, bei einem Abzug von Grungers Flotte aus seinem Kerngebiet eine Offensive in eben dieses zu starten, dass dann zweifellos im Rahmen seines Angriffs entblößt werden musste. Doch Cassio zweifelte daran, dass Vaash von Großadmiral Takel derart weitreichende Kompetenzen eingeräumt bekommen hatte, sondern er vermutlich nur mit dem Halten des aktuellen Zustands beauftragt war, was einen eigenen Vorstoß – so er überhaupt mit ihren beschränkten Mitteln möglich gewesen wäre – praktisch ausschlösse. Vermutlich war daher die Form der Verteidigung die einzige von ihnen gestaltbare Variable.

Bezüglich des vorgeschlagenen Rammmanövers hatte Cassio Zweifel daran, dass dieses so umsetzbar war, wie Vaash es sich vorstellte. Ein solches Manöver könnte gegen einen solchen Koloss nur dann etwas ausrichten, wenn die Schilde bereits stark angeschlagen waren und es war Cassio derzeit unklar, mit welchen Kräften sie das erreichen sollten, außer mit viel Glück mit einem konzentrierten Angriff der gesamten Flotte wie von Sloane vorgeschlagen, der entweder aufgrund von Grungers Eskorte oder schon der Aggressor selbst praktisch gleichbedeutend mit ihrem Untergang sein würde. Abgesehen davon schien, selbst wenn es so weit kam, ein einziger Rammangriff nicht in der Lage, die Aggressor bewegungsunfähig zu machen. Die versetzt platzierten Antriebssektionen bedeuteten vermutlich, dass neben der zentralen Sektion vermutlich noch mindestens die beiden auf einer Flanke des Schiffes ausgeschaltet werden mussten, damit das Schiff nicht mehr sinnvoll navigieren konnte. Lag zu viel Zeit zwischen diesen Angriffen, dürfte Grunger das Vorhaben sofort erkennen, und entsprechend darauf reagieren.
„Ganz gleich, wie der Angriff geführt wird, ich stimme in einem Punkt nicht zu. Ich denke nicht, dass Grunger seine Flotte zurückziehen würde, wenn sein Flaggschiff kampf- oder bewegungsunfähig wird; eher im Gegenteil. Grunger wird die Aggressor nicht verwundbar lassen – er weiß, dass sie das Einzige ist, was ihn gefährlich macht. Seine strategische Lage steht und fällt mit diesem Schiff. Er wird in diesem Fall eher alles auf eine Karte setzen müssen und sämtliche seiner Reserven in die Umgebung beordern, wenn er sie schützen muss, da er ansonsten verloren hat. Im Endeffekt stünde mit einer gebundenen Aggressor der gesamte Sektor damit wohl faktisch unter seiner Blockade, bis er das Schiff wieder instandgesetzt hat – oder wir es zerstören.“
Cassio hob den Blick wieder zu dem größer gewachsenen Vaash an.
„Die Frage, die man sich stellen muss, ist, ob dieses Szenario für uns wünschenswert ist oder nicht – und wenn ja, ob es das im Hinblick auf anschließende Operationen der Flotte wert ist, hierfür das Risiko der Zerschlagung unserer gesamten Flotte zu rechtfertigen“, fuhr er fort, schien sich bei dieser Bewertung demnach selbst nicht klar zu sein. Einen Moment später hob er ein Stück weit die Schultern.
„Schwer zu sagen, da ich die Kapazitäten für einen Gegenschlag benachbarter eigener Kräfte nicht kenne, aber aus meiner Sicht ist das Kosten-Nutzen-Risiko zu unserem Nachteil.“
Aus Cassios Sicht schien mehr eine konservative Herangehensweise sinnvoll, die zwar weniger pompös als das von Sloane und Vaash Vorgeschlagene war, andererseits aber nicht das reale Risiko einer vollständigen Auslöschung der gesamten Flotte barg, dafür aber die Preisgabe imperialen Gebiets zur Folge hatte, was politisch nicht immer einfach umsetzbar schien.
„Ich halte hier eine Form der flexiblen Verteidigung und eines allmählichen Aufweichens der gegnerischen Flotte für sinnvoll. Zunächst also eine Konzentrierung auf die Eskorte der Aggressor, da Grunger diese in Zukunft nicht gleichwertig ersetzen können wird und diese uns bei einem Frontalangriff auf das Schlachtschiff erheblich gefährlich würden. Gelingt es uns, die Eskorte empfindlich zu schwächen, nutzt Grunger ein Pyrrhussieg an Ort und Stelle nichts. Der Ottega-Sektor ist strategisch gesehen nicht bedeutsam und erscheint daher wie ein guter Tausch gegen einen Teil von Grungers Eskorte. Es gibt also keinen Grund, hier eine Entscheidungsschlacht herbeizuführen, wenn diese unter besseren Vorzeichen für unseren Feind steht.“
Natürlich war Cassio aber nicht bekannt, wie streng Vaashs Vorgaben für dieses Unternehmen waren. Ein absoluter Haltebefehl von Takel an Vaash bezüglich des Sektors war theoretisch denkbar, wenn auch in der imperialen Doktrin eher die Ausnahme, die ja auf eine rasche Verschiebung von Kräften an schwache Positionen setzte. Schlussendlich glaubte Cassio aber auch nicht daran, dass Vaash seine Mannschaft sinnlos zur Schlachtbank führen würde. Bei Eriadu hatte das noch einem gewissen Zweck gedient. Hier dagegen würde es in einem sinnlosen Massaker enden – war Vaash hierzu bereit?
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#12
Tiberius Vaash hatte bereits in einer ähnlichen Lage gekämpft aber unter deutlich anderen Voraussetzungen. Vaash wusste, dass es dieses mal keine Lösung gab und er mitunter hier wirklich sterben musste, um einen Haltebefehl umzusetzen, an den er selbst nicht wirklich glaubte und dem er eigentlich nicht folgen wollte. Doch eine Wahl hatte er schon lange nicht mehr. Vielleicht war es sogar besser, keine Wahl zu haben. Befehle entbanden von der Verantwortung aber nicht von der Last. Die Last dieser Lage spürte der alte Mann inzwischen deutlich. Jeden Tag rückten die Feinde des Reiches näher und näher. Nicht nur die Republik bedrohte den Staat, dem er nicht nur seine Treue verpfändet hatte, sondern auch sein Herz. Vaash hörte aufmerksam zu. Es kam ihm selbst einer Warnung gleich. Acchetia berichtete seine Einschätzung. Und so unterbrach der Admiral seinen Offizierskollegen nicht. Es stand ihm auch nicht zu. Es gab keine Dringlichkeit, die Worte abzuwürgen, auch wenn Sloane sichtbar darauf brannte, Acchetia ins Wort zu fallen. Ja, seine taktischen Bewertungen mochten lange zurückliegen aber Vaash schätze die Erfahrungen des Mannes, der Acchetia nun einmal war. Acchetia hatte die Niederlage bei Eriadu erlebt, zwar von einem anderen Punkt, aber er hatte sie erlebt. Auch hatte er die Eroberung des Kerns durch Vesperum erlebt. Dieser Offizier kannte Lageentwicklungen und konnte diese mitunter bewerten. Doch war Vaash durchaus bewusst, dass Acchetia kein Frontsoldat war. Er war kein Mann, der den Wert von mutig vorgetragenen Angriffen verstand, da er in seinem Leben nur eine ferne Kartenlage kannte. Dennoch war in diesem Augenblick auch diese Kartenlage wichtig. Eine Beurteilung allein von einem Frontgedanken aus, könnte genauso fehlerhaft sein, wie eine reine Beurteilung von einem Kartentisch aus. Vaash wertschätzte es, dass zwei exakt gegenteilige Persönlichkeiten ihm gegenüber saßen. Sloane, eine imperiale Offizierin, die in ihrem Eifer und Überzeugung, gegen jeden Feind Widerstand zeigen würde und Acchetia, ein Offizier, der ruhig und besonnen, Lagen beurteilen konnte, aber dem es mit Sicherheit an Fronteifer und Tatendrang mangelte. Wenn Vaash nur beide Persönlichkeiten fusionieren könnte, dann hätte er den perfekten Offizier aber er konnte es nicht. Darüber hinaus war sich Vaash seiner eigenen Fehler durchaus bewusst. All diese Faktoren klärten die Lage, in der sie sich alle befanden, jedoch nicht auf. Also blieb nur zuhören. "Ich stimme zu. Leider haben wir kaum Möglichkeiten, einen langen Beschuss eines Schlachtschiffes zu bewältigen. Wir können uns keinen auf Dauer angelegten Feuerkampf leisten, Admiral," argumentierte Vaash dagegen, da er selbst darum wusste, dass sie nicht genügend Feuerkraft aufbrachten, um eine Exekutor-Klasse annähernd in einem reinen Waffengefecht zu beschädigen oder zu vernichten. Die Waffenmacht eines solches Schlachtschiffes war erstaunlich und überstieg die ihm zugewiesene Flotte bei Weitem. "Gegen das Argument eines Flankenangriffes kann ich entgegnen, dass auch dieser Punkt vollkommen gleichgültig ist, da uns bereits das Schlachtschiff alleine beschäftigen kann und seine Feuerkraft ausreicht, um eine ganze Flotte in einem Gefecht zu binden und zu vernichten. Ich muss Sie alle nicht daran erinnern, dass diese Schiff genau dafür konzipiert wurde, eben ganze Flotten zu vernichten," sagte der Flottenadmiral nüchtern. So nüchtern, als ob er einen mathematischen Fakt sprachen. Mitunter war es auch einfach die Mathematik des Krieges. Er hatte nicht genügend schwere Waffen.

Sloane biss sich auf ihre Unterlippe, um nicht verbal gegen Acchetia zu schießen, da sie sich selbst nicht vor ihrem Flottenadmiral bloß stellen wollte. Zu ihrem Glück antwortete Vaash noch immer. "Ich weise ungerne darauf hin, dass wir keine große Wahl haben und dieses Gefecht nicht durch gewöhnliche Manöver gewonnen werden kann. Unser Ziel mag mit Sicherheit auch nicht die gesamte Feindflotte sein, sondern der Verräter Grunger," erklärte Vaash und blickte dann nachdenklich auf die Tischkante. Noch immer wollte er diesem unangenehmen Gedanken entkommen aber ihm war klar, dass dies vielleicht sein letztes Gefecht war und er nun um sein Andenken stritt. Würde er alles opfern oder zumindest etwas retten? "Ich bin nicht bereit, unsere gesamte Flotte zu opfern. Doch müssen wir Risiken eingehen und auf das Können unsere Mannschaften setzen," meinte er und gab damit zu, dass er keine klare Linie vorweisen konnte. Es gab hier keine saubere Strategie oder einen guten Plan. Vaash fürchtete sich dafür, dass alles, was er nun tun würde, bedeutungslos war. Er einfach mit seiner Flotte verschwinden würde und diese Niederlage vollkommen bedeutungslos war. Es gab keinen Wert darin. Gab es überhaupt noch einen Wert im Kampf? Der Admiral kramte in seinen Gedanken nach einer Erinnerung, die etwas Hoffnung wecken konnte aber in seiner Lage konnte keine Erinnerung wahrlich Hoffnung wecken. Doch ein Tiberius Vaash tat seine Pflicht. Pflicht hielt ihn hier. Eine Verpflichtung gegenüber seiner Flotte und seiner Position. "Mir ist klar, in welcher Lage, wir uns befinden. Und welche strategische Möglichkeiten für das Oberkommando bestehen," schloss Vaash ab. Er hatte genug gehört. Lösungen waren nicht aus dem Gespräch erwachsen. "Ich werde mit dem Oberkommando Rücksprache halten," gab er einen Versuch zu, etwas am Haltebefehl zu ändern. Doch Vaash glaubte bereits, dass dies nicht viel bewegen würde. Ein Haltebefehl war in seiner Absolutheit nicht verhandelbar. Eine Position musste gehalten werden. Die Frage war nur um jeden Preis oder war dieser Preis verhandelbar? Letzteres nahm Vaash - mit Kenntnis des Imperiums in seiner aktuellen Lage - nicht an. Es war dennoch einen Versuch wert. Einen Versuch, den er seinen Soldaten schuldig war. "Sloane," sagte der Flottenadmiral, um die Offizierin direkt anzusprechen. Doch dazu kam es nicht mehr, da Vaash abrupt unterbrochen wurde.

Ein leiser Piepton auf seinem Terminal kündigte einen weiteren Gast an. "Hm," brummte Vaash bärig. "Nein." Der alte Offizier griff sich an die Stirn. "Eine imperiale Prioritätsmeldung." Er stand auf. "Vom Thron selbst." Vaash holte Luft, als die Angst wuchs, die er mit Vesperum verband. Diese kalte Angst vor dessen Erscheinung. "Ich muss Sie bitten den Raum zu verlassen. Halten Sie sich bereit. Wir setzen dieses Gespräch fort. Sie haben vorerst Freizeit und dürfen sich auf meinem Schiff frei bewegen," befahl der Admiral in einem sanften Tonfall und war bereits in Gedanken. Denn er war besorgt. Diese Meldung konnte nichts Gutes bedeuten und ein Gast, der sich mit dieser ankündigte, war dem Throm zumindest sehr nahe oder würde gar Vesperum höchstselbst eintreffen? Er wollte nicht mit diesem Imperator sprechen. Leider beinhaltete die Nachricht nicht, welcher Gast eintreffen würde. Wenige Sekunden später, öffnete ein Offizier die Tür zum Dienstzimmer, nahm Haltung an und sprach: "Eine Fähre ist eingetroffen. Sie reiste mit einem imperialen Prioritätscode des..." Vaash wandte sich zum Soldaten. "... des Thrones, ja." Der Offizier nickte. "Wie sollen wir verfahren, Admiral?" Tiberius Vaash nahm seine Mütze vom Tisch. "Ich werden den Gast persönlich im Hangar empfangen. Entsenden Sie ein kleines Ehrengeleit an Sturmtruppen." Vaash nahm nicht an, dass der Imperator alleine in einem Shuttle reiste, so dass er zumindest nicht diesem Tyrannen gegenüber treten musste. Aber auch seine Abgesandten waren selten angenehme Erscheinungen. Der alte Mann erinnerte sich noch sehr schmerzhaft an diesen Vorfall mit dieser Agentin des Throns. Noch immer hatte er stille Kopfschmerzen. Doch dieses mal war er vorbereitet. "Entschuldigen Sie mich," sagte der Admiral und verschwand zusammen mit dem Offizier aus dem Büro, um sich dem unbekannten Gast zu stellen. Acchetia und Sloane blieben allein zurück. Sloane nutzte die Gelegenheit. "Admiral," sagte sie bitter. "Ich halte eine zu defensive Position für nicht angemessen. Unsere Gegner sind brutal, wir sollten brutaler sein. Abspaltung ist Verrat. Verrat ist das größte Verbrechen, was wir uns selbst antun können. Loyalität gegenüber unserer Sache ist alles, was Bedeutung hat," versuchte Sloane ihr Gegenüber zu belehren, während sie sich selbst bereit machte, die Kantine des Schiffes für einen Kaf aufzusuchen. Auch wollte sie, neugierig, wie sie war, herausfinden, welcher Gast eingetroffen war. Wenn der Thron sich für ihre Lage interessierte, würde sie noch umso mehr versuchen, einen Sieg zu erringen. Dies konnte ihre Position im imperialen System verbessern oder zumindest festigen. Sie würde nicht zulassen, dass eine feige Defensive dem Imperium schaden würde. Sie mochte Acchetia nicht. Er hatte sich in ihren Augen als Schreibtischkrieger erwiesen, der nicht bereit war, alles für die imperiale Sache zu geben.
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#13
Jessra war gefestigt in ihrem Glauben, denn sie hatte die Macht gespürt, die ihr versprochen worden war. Sie hatte in seine Augen geblickt, dort etwas gefunden, was sie für sich als Wahrheit erkannt hatte. Jessra kannte die Schönheit der Dunkelheit, hatte ihr altes Leben zurückgelassen, um dieser alten Religion zu dienen, in deren Zentrum nun Vesperum stand. Sie hatte bereits ihren Preis bezahlt und war dennoch bereit, deutlich mehr an den untoten Messias zu entrichten, nur um dem Versprechen einer ewigen Erlösung zu genügen. Jessra hatte ihr eigenes Leben eingetauscht, in der vagen Absicht, mehr zu sein, als ein sterbliches Wesen, welches einem Schicksal unterworfen war. Doch dabei hatte sie ihr Schicksal nur neu mit dem bösen Schatten verknüpft und war nicht wirklich entkommen. Doch, was Jessra inzwischen war, war nicht mehr viel als eine Erinnerung an einen Menschen, der einst einmal echte Schönheit und Leben kannte. Je mehr sie diesem Unhold verfiel, je mehr sie der dunklen Seite verfiel, umso deutlicher wurde sie zu einem Geschöpf, welches ein böser Witz gegen die alte Jessra war. Einst war sie gut gewesen, hatte ehrliche Absichten und hätte ein Leben fern dieses Albtraumes führen können,- und doch wählte sie den Weg in den Abgrund, um einem eigenen Schmerz zu entkommen. Vesperum hatte ihr Erlösung versprochen und mitsamt seinem Kult an Religion, eine irrige Vorstellung installiert, die Jessra fest glaubte. Für sie war diese Macht real und jeder Gedanke nährte nur jene unheilige Flamme, die sie Stück für Stück verbrannte und nichts an Seele zurückließ, die manchmal vergessen in der Vergangenheit lag. Und doch dachte Jessra in diesem Augenblick an diese Vergangenheit, denn diese Reise, welche sie von Vesperum entfernte, erlaubte freie Gedanken, welche nicht nur allein durch Glauben und Eifer bestimmt waren. Zwar fest im Glauben, blieb dort dieses Gefühl der Angst, welches nicht wich.

Diese Kälte, welche durch jeden Ort kroch, den Vesperum berührt hatte. Angst war ein ständiger Begleiter der Adeptin. Was sie einst war, verblasste zwar aber verschwand nicht. Es blieb als Warnung für andere zurück; womöglich auch für sie selbst. Der Dämon verließ sie nie und auch jetzt schiene seine Erscheinung im Schatten greifbar. Jessra dachte an die Schönheit, die sie einst kannte, an etwas, was sie bewahren wollte, aber nicht bewahren konnte. Ihre Religion verlangte eine ständige Pflicht gegenüber der Dunkelheit, um der Erlösung zu dienen. Jessra hatte bereits alles verloren und konnte nur noch mit einer fernen Erlösung gewinnen, die zwar greifbarer erschien aber noch nicht gegriffen war. "Darth Vesperum," hauchte sie den Namen des bösen Messias andächtig, der ihr Trost sein sollte aber kein Trost war. Er hatte sie gebunden, angekettet, und auf ewig verdammt. Doch war Jessra dies nicht bewusst. Sie glaubte durch ihn erlöst zu werden, wenn der Weg zu Ende gegangen war. "Es gibt keinen Frieden," begann sie den Sith Kodex zu rezitieren, um die Gedanken zu vertreiben, die sie peinigten. Die Zeit verging, die sie in eifriger Rezitation verbrachte.

Die Fähre landete. Der Pilot der Fähre meldete die Ankunft und Jessra raffte sich von ihrem Sitz auf. Sie legte die Kapuze ihrer schwarzen Robe über ihr Haupt, trat mit festen Schritten die Rampe hinab. Sie blickte sich nicht um, denn sie sah die Kreaturen in der Macht um sich herum, wie sie lebten und ihre einfachen Leben führten. Jeder schien zu strahlen, wie einem merkwürdigen Licht, welches umgeben war, von einem dunklen Schleier. Jessra wartete am Ende der Rampe. Schwere Soldatenstiefel hämmerten über den Boden des Hangars. Sturmtruppen trafen ein und bildeten einen Ehrenformation vor dem Hauptturbolift, welcher hinter einem Panzerschott lag. Sie war heute die Botin für eine höhere Macht und verdrängte jede eigene Absicht für den Moment. Die Pflicht war ihre persönliche Angelegenheit, die eng mit ihrem Glauben verknüpft war. Fanatismus war ein böses Gift. Langsam hob sie ihr Haupt und wartete auf die Ankunft desjenigen, dem sie die Botschaft übermitteln sollte. Sie spürte in der Macht, dass er sich näherte. Jessra kannte die Aura des Tiberius Vaash. Er fürchtete sich. Gut. Furcht war eine geeignete Kette, um diesem einfachen Mann mit seinen falschen Vorstellungen von Ehre, an ihren Meister zu binden. Er gehörte dem Imperator, wie alles und jeder, in dieser Galaxis. Jessra würde ihrem Messias und Meister jeden ausliefern, um ihre Dienstbarkeit zu erfüllen, die am Ende Erlösung versprach. Die Sturmtruppen ignorierte sie, die ohnehin nicht besser waren, als Droiden. Gedrillt und abhängig. Jessra atmete schwer durch ihre Nase, während ihre Kapuze, wie aus Blei gegossen, auf ihrem Haupt lag. Jessra verstand nicht, was ihr Meister an diesem Admiral fand. Doch Jessra hatte sich entschieden, die Weisheit ihres dunklen Herrschers nicht in Frage zu stellen. Sie würde das tun, wofür sie hier war.
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#14
Der Weg erschien dem Alten endlos. Schritt um Schritt hallte wieder. Diese alte Angst wuchs wieder. Erinnerungen an diese Hexe waren wieder da. Dinge, die er verdrängt geglaubt hatte. Es war diese Angst vor dem Unverständlichen. Dieser mysthischen Unberechenbarkeit dieser Machtwirker. Insbesondere diese Hexe hatte ihm gezeigt, dass nichts wirklich von Bedeutung war, wenn diese fremde Kraft eine einzelne Person derartig ermächtigte. Dieser Kopfschmerz war nicht mehr nur Warnung, sondern Gewissheit. Auch Vesperum, dieser Oberteufel, Ermächtiger dieser Gestalten, war nicht wirklich viel greifbarer. Vaash hatte Angst. Eine tiefsitzende Furcht vor diesen Gestalten, die in schwarzer Robe auftauchten, und über scheinbar über eine Art von dunklen Zauber verfügten. Tiberius Vaash glaubte nicht an Magie oder Zauberei und doch konnte er nicht abstreiten, was er gesehen und am eigenen Leib erfahren hatte. Vesperum hatte mit einem Gedanken Personen im wahrsten Sinne zerfetzt; mit nur einem Gedanken und diese Hexe, deren Namen er sich nicht traute, auch nur zu denken, hatte ihn mühelos an eine Wand gepresst und seinen Schädel zertrümmert. Einfach so. Ohne großartigen Aufwand. Diese Gewissheit über solche Fähigkeiten machte Angst. Etwas musste real sein, auch wenn es Magie nicht gab. Vaash verstand es nicht und doch hatte er eine solche Gestalt auf den Thron gesetzt. Er war es und diese Schande verkroch sich nicht mehr, sondern zeigte sich ganz offen. Sie verband sich mit der Gewissheit zu jener Furcht.

Diese dunklen Wesen waren real und ihr Wirken war so grausam und unberechenbar, dass Vaash nicht anders konnte. Er wollte nicht weitergehen aber musste es. Seine Hände zitterten. Der Gang wurde immer schwerer, während der begleitende Offizier diese Angst zu teilen begann. Wenn ein erfahrener Kriegsheld, wie Vaash, sich fürchtete, war dies ein Zeichen. Vaash war nicht bekannt dafür, ein Feigling zu sein. Er hatte in jeder imperialen Tradition bewiesen, dass er würdig war, ein Kommando zu führen. Doch diese Furcht war anders. Das wusste auch der Offizier, der seinem Kommandanten den Turbolift öffnete. Behutsam trat Vaash ein. Doch da war auch dieser Engel gewesen. Ein helles Licht. Vaash hatte diese Legende von Raumfahrern gehört. Engel, Wesen aus einer anderen Dimension, welche den Sterblichen halfen. Auch er selbst, so konnte er es garnicht glauben, hatte einen Engel gesehen, als er auf dem Sterbebett gelegen hatte. Dieses Licht hatte seine Agonie beendet und ihn gerettet, da war er sich sicher. Ein Licht, so hell, so dass er nur die Schemen des Engels erkennen konnte. Es war eine Person oder auch nicht aber sie war dort gewesen. Diese Erinnerung trat ursprünglich und frei hervor, verdrängte für einen Augenblick die Angst. Vaash war gerettet worden. Und zwar von einer Jedi. Das hatte ihm die Geheimdienstchefin Isard gesagt und auch belegt. Noch immer würde sie ihn deswegen beobachten lassen, da war sich Vaash sicher. Doch diesen Gedanken wollte er verdrängen. Es konnte nicht sein, dass eine Jedi ihn gerettet hatte. Doch er war tatsächlich von ihr gerettet worden, von irgendetwas, was sie getan hatte oder vielleicht sogar einer höheren Macht, wie die Jedi sie beschworen. Und doch war Tiberius Vaash kein Mann des Glaubens. Er glaubte an keine Religion wirklich, auch wenn er altrepublikanische Floskeln verwendete, die auf einem Machtglauben fußten. Es war Tradition und vielleicht war diese Tradition Vaash stets wichtig. Doch aus dieser Tradition konnte Vaash nur ableiten, dass etwas dort gewesen sein musste und dieses Licht musste er mit der traditionellen Zuschreibung Engel benennen. Er war durch einen Engel gerettet worden. Eine Ironie lag darin, dass er derjenige war, der einen Teufel auf den Thron gesetzt hatte und durch einen Engel des Lichts errettet worden war. Zweifel lagen versteckt dahinter. Seine Lebensfehler konnte er sich nicht vergeben und darin lag seine wahre Hölle, nicht in der Angst vor diesen dunklen Gestalten, die sich Sith oder dunkler Orden nannten. Der Lift fuhr an, nachdem der begleitende Offizier mit seinem Codezylinder, die Freigabe erteilt hatte. Tiberius Vaash war gefasst aber in stillen Gedanken. Er machte sich bereit, erneut auf eine Gestalt zu treffen, die er mit jeder Faser ablehnte. Vaash war widerständig gegenüber diesen Mächten, denen er dienen musste aber nicht mehr dienen wollte.

Der Lift erreichte die Zwischenebene, die beiden Offiziere stiegen über einen langen Korridor um, und erreichten alsbald den Hangar. Vaash trat mit kalter Gewissheit heraus. Der Offizier blieb an seiner Seite. Das Sturmtruppengeleit war bereitet und am Ende des Weges stand eine Gestalt in schwarzer Robe. Grob konnte Vaash weibliche Rundungen ausmachen, so dass er daraus schloss: Es musste sich um eine Frau handeln. Wieder diese Angst. Es bestand Gefahr, dass es diese Hexe war aber sein Gefühl war anders. Es war nicht die selbe Erscheinung. Sie wirkte kleiner und verhielt sich anders. Es war nicht die Hexe. Erleichterung. Vaash blieb unmittelbar vor ihr stehen und erhaschte einen Blick in ihr Gesicht. Nein. Es war schlimmer. Es war die Botin des Thrones. Jessra, die gefürchtete Überbringerin. Er kannte sie und wusste um ihren Fanatismus. Sie war eine Gläubige an diesen Unsinn, den Vesperum installiert hatte. Vaash verachtete Religionen für ihre falschen Hoffnungen und Vesperum für seine Lügen. "Willkommen an Bord der Pandora," begrüßte der Admiral nüchtern mit salziger Stimme. "Der Thron schickt also eine Botin. Es muss wichtig sein." Vaash fühlte sich unwohl, denn Nachrichten von Vesperum waren stets mit einem gewissen Faktor an Leid oder persönlichem Ungemach verknüpft. Seine Nachrichten waren stets verdorben und vergiftet. Wenn er seine Botin Jessra schickte, würde Vassh erneut etwas erwarten, was unmittelbar grausam für ihn oder andere war. Dieses böse Gefühl wuchs erneut und mit ihm die Angst. Diese Kälte, die er ansonsten in der Nähe des Imperators gefühlt hatte, kroch in seine Knochen. Es fühlte sich unsäglich kalt an. Es war die gleiche Kälte, die er vor seinem Beinahe-Tod gespürt hatte. Jessra sollte nicht hier sein und doch war sie es. Vaash hatte gehofft, dem Imperator entkommen zu sein und dem Imperium entfernt dienen zu können. Doch er war nicht entkommen. Tiberius Vaash konnte nicht entkommen und so verweilte er mit leicht verstörter Miene vor der dunklen Adeptin.
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#15
Jessra sah in Vaash nichts mehr als eine kleine Flamme, die ebenso schnell erloschen werden konnte, wie jede andere Flamme an Leben in dieser Galaxis. Vaash war so lächerlich in seiner Gestalt als ehrbarer Kämpfer, der tatsächlich noch an so etwas, wie Ehre, glaubte. Kannte er überhaupt jene Mächte, denen er diente? Verstand er überhaupt, was sich um ihn herum bewegte? Konnte er das Flüstern in seinem Herzen ignorieren? Jessra schmunzelte, während sie die Furcht des alten Mannes wahrnahm. Diese Galaxis hatte Vaash noch nicht genug angetan. Etwas, was sie ändern wollte, aber nicht dürfte, da er seine Pflicht tat. Jessra legte die Kapuze zurück. "Unsere heilige Majestät, unser geliebter Imperator, bestellt euch seine Grüße und besten Wünsche," zischte sie fast, während ihre elegante aber herrische Stimme aus dem Mund plärrte, wie eine defekte Audiospur, die minimal verstellt war. Vaash war ein Narr, nicht dumm und nützlich aber immer noch gefangen in seiner falschen Welt, angefüllt mit Stolz und Tradition. Jessra wollte nicht verstehen, was der ewig dunkle Meister an ihm fand. Jeder Droide war besser als dieser vorgestrige Fleischsack. Jessra empdand Vaash als unnütz und vollführte schlicht ihren Auftrag, da sie kein Interesse hatte, überhaupt mit Vaash zu reden. "Der Imperator lässt euch persönlich eine Nachricht überbringen," klang es mehr nach einer Drohung, als nach einer einfachen Nachricht. "Es für euch sogar überaus wichtig, Admiral. Ich vermute sogar, dass eure gesamte Existenz von dieser Nachricht abhängig ist," verhöhnte sie Vaash mit einem bösen Grinsen, welches ihre eigenen Augen leicht hervortreten ließ. Wahnsinn umspielte ihr Gesicht, wenn auch nur minimal und durch eine eisige Maske, außerhalb des diabolischen Grinsens und der hervortretenen Augen, zurückgehalten. Jessra genoss den Anblick des ängstlichen alten Mannes, dessen Leben so vergebens war. Es tat ihr gut, so dass sie sich selbst überlegen fühlte. Diese Überlegenheit hatte sie gesucht.

Tiberius Vaash schluckte und konnte sich diesem furchtbaren Gefühl nicht entziehen, während diese leise Kälte in seine Knochen kroch. Er wusste es und die Worte dieser dämonischen Frau bestätigten nur seine Befürchtungen. Der Imperator ließ ihn nicht einfach gehen. Es gab kein Entkommen. Vaash beschlich der Gedanke, dass Jessra mit ihren Worten auch töten konnte. Zumindest hatte sie eine kleine Hoffnung in Vaash ermordet. Es gab keine Ehre mehr. Keine Erlösung im Andenken, sondern nur noch diese schreckliche Gegenwart und die eigene Feigheit, sich gegen den eigenen Stolz zu stellen. Vaash war zu stolz, um einfach aufzugeben und würde lieber brennend untergehen, als sich einzugestehen, in seinem Leben beständig falsch gelegen zu haben. Das Imperium war nicht seine Heimat, niemals gewesen und doch wollte er dies glauben. Er wollte es zu einer Heimat für seine Familie machen. Doch jede Absicht war durch den Krieg verloren und durch diese Dämonen entrissen, die sich nun Herrscher nannten. Doch in seinen Knochen lag noch etwas Würde, etwas, was Jessra in seinen Augen nicht mehr besaß. Sie glaubte an einen Kult, an einen Imperator, dessen Wesen okkult und böse war, und war damit verloren aber Vaash glaubte noch an etwas, was überdauern konnte, wenn man es zuließ: Anstand und Würde. Nicht mehr für das Imperium, sondern allein für sich und seine Kameraden. Ein Andenken. Nicht mehr. Er würde es nicht mit Feigheit oder Flucht beschmutzen. Denn es gab auch keine Flucht mehr. Die Republik war auf dem Vormarsch, das Imperium war umgeben von Verrätern aber er war nicht gewillt seinen Anstand aufzugeben.

Tiberius Vaash stand zu seinen Soldaten, im Leben, wie auch im Tode. Das Imperium trat zurück, wurde mehr Wunsch als Realität, vergangen aber nicht vergessen. Doch an diesem Tag zählte dies nicht. Jessra war hier und mit ihr dieser unheilige Geist von einem Tyrannen, der sich allem bemächtigt hatte, woran Vaash glaubte. Der alte Mann war gebrochen und lief in festen Schienen, unfähig diese zu ändern; stur einem Ende entgegen, welches er mit Sicherheit unverdient verdient hatte. Eben, wie geheime Engel, die seinen Willen testeten, nur um am Ende ein Urteil zu sprechen. Ein Urteil, welches brutal und einfach sein würde. Die Zeit schmerzte Vaash. "Wollt ihr hier sprechen?" Eine Frage, die ihm berechtigt schien. Auch wollte er den Blicken aller Anwesenden entkommen, während sich jener kalte Schmerz durch seine Eingeweide frass.

Jessra ließ das tödliche Grinsen absterben, verbrachte einen Moment still und nickte dann. "Ihr habt Recht. Wir sollten nicht hier sprechen. Sehr gerne folge ich euch an einen anderen Ort. Sehr gerne," sagte sie in einem süffisanten und selbstgerechten Tonfall. Es wäre ohnehin besser, wenn nicht jeder wusste, was der Imperator verlangte. Sie war nicht hier, damit sie alle sahen, denn sie war allein für Vaash hier; und auch um genau diese Person ein wenig zu peinigen.

Tiberius Vaash wies zum Panzerschott.

Es dauerte nicht lange, da befanden sie sich auf der Observationsbrücke, oberhalb der regulären Brücke, die ansonsten imperiale Würdenträger nutzten. Die Observationsbrücke war geräumt und Vaash war alleine mit Jessra zurückgeblieben, um die Botschaft des Imperators zu hören. Vaash stand unmittelbar vor dem Fenster, blickte hinaus auf ins Sternenmeer, da er Jessra nicht mehr anblicken konnte. Ihre Erscheinung war eine konstante Bedrohung. Müde lehnte er auf dem Geländer vor dem Fenster, während Jessra hinter seinem Rücken stand und dort, wie eine Säule erstarrt, verweilte. Vaash wagte es, ihr den Rücken zu zuwenden, denn er wusste, dass es ohnehin egal war. Wenn Jessra ihn töten wollen würde, würde er nichts dagegen tun können. Und so geschah es immerhin schnell und er hätte nicht den letzten Blick in Furcht und auf Jessra gerichtet verbracht. Es war besser so. Jessra hingegen empfand den Anblick des müden Vaash sogar als Genugtuung, denn das erste mal durchbrach er sein striktes Protokoll. Er durchbrach diese eiserne Disziplin und gab ein Gefühl vor einer anderen Person zu. In Jessras Augen gewann Vaash ein wenig dadurch aber auch nicht viel.

"Der Imperator wertschätzt euch sehr, Admiral. Mehr als ihr euch vorstellen könnt. Er ist bereit, mehr für euch zu geben, als für jeden anderen," erklärte Jessra mit einem fast sanften Tonfall, der dennoch herrisch blieb. "Er möchte nicht nur euer Imperium wiederherstellen, sondern euch ganz persönlich retten. Ihm ist daran gelegen, dieses Zerwürfnis aufzuheben, welches zwischen den Thron und Tiberius Vaash gelangt ist," wählte sie ihre Worte bedacht und trat einen Schritt näher. "Der Imperator hat nicht vergessen, was ihr für ihn getan habt." Jessra wollte weiter sprechen, als Vaash murrte. Die Erinnerung war wieder da. Diese Lüge, die Vesperum konstruiert hatte, um Vaash in sein Gefolge zu bringen. Diese Lüge, die Vaash noch heute band und der er nicht entkommen konnte. "Wir brauchten einen Imperator," brummte Vaash mürrisch, bevor er eine Handgeste machte. Vaash wollte keine weiteren Beteuerungen vom Thron oder dessen Botin. Es war ihm egal. Er diente an der Front, dort, wo das Imperium, immer echt und wahr für Vaash gewesen war. Es war ihm inzwischen egal, was Vesperum dachte. Er diente diesem Imperator, das musste genügen. Seine Seele konnte er nicht haben aber seine Treue. Jessra bemerkte, dass Vaash nicht über süße Worte zu locken war und stellte sich unmittelbar neben ihn.

"Der Imperator ist gnädig. Er bietet euch an, diese fürchterliche Situation an dieser Front für euch zu lösen. Er will für euch höchstselbst eingreifen und verhindern, dass ihr diesen Kampf gegen den Verräter Grunger verliert. Der Imperator verlangt nichts weiter als, dass ihr endgültig als Großadmiral an seine Seite tretet, wie es eure Pflicht ist. Wenn ihr das Angebot des Imperators erneut ausschlagt, wird er euch nicht mehr retten können und es werden keine Verstärkungen eintreffen. Eure Flotte wird zerstört werden und mit der Flotte werdet ihr sterben, weil es keinen Sieg für euch gegen den Verräter Grunger geben kann. Nicht mit diesen Mitteln, die euch zur Verfügung stehen. Euer Unterang ist beschlossen und das nur, weil ihr euch weigert, dem wahren Imperator durch eine neue Position zu dienen," übermittelte sie die Botschaft des Imperators in ihren Worten. Tiberius Vaash seufzte, stieß sich vom Geländer ab, um in den großen Innenraum der Observationsbrücke zu treten. "Ob er ein wahrer Imperator ist, mag und will ich nicht beurteilen aber er ist mein Imperator," meinte der Alte und blickte Jessra noch immer nicht an. Sein Herz schlug in Furcht, die er zu verstecken versuchte. "Ich gehöre an die Front und nicht an den Hof, " rechtfertigte er seine einstige Entscheidung und doch war die Wahrheit eine andere: Vaash wollte nicht neben Vesperum stehen. Er lehnte diese Nähe ab, da es bedeutete, endgültig und für immer an diese Person gebunden zu sein; und gleichzeitig seine Seele an diesen Mann zu verlieren. Denn Vaash versuchte sich seine Illusion des Frontoffizieres zu bewahren, der nur für ein einiges Imperium kämpfte. Als Großadmiral würde er Politik machen und zwar unmittelbar zusammen mit Vesperum. Er kannte Vesperum und deshalb wollte er nicht an dessen Seite treten. Nicht erneut. Hier in der Ferne, an der Front, war er fern von ihm und konnte seine eigene Illusion leben, dass er für das Imperium kämpfte. Sein Imperium. Sein Versuch einer Heimat für sich und andere. Die Botschaft war eine bittere Pille, die Vaash eigentlich keine Wahl ließ. Wollte er seine Flotte retten, würde er sich selbst dem Imperator ausliefern müssen. Damit seine Seele verlieren, Politik machen und sein Name würde an Vesperum geknüpft. Dieser Imperator würde ab diesem Zeitpunkt nicht mehr nur den militärischen Befehl über ihn haben, sondern auch sein Andenken kontrollieren. Doch Vaash war kein Mann, der für sich selbst, allein für sich selbst, hunderte von Leben aufgab. Vaash spürte diesen kalten Zorn, der sich gegen diesen Zustand richtete. Er war tatsächlich Gefangener der Umstände. Was sollte er machen?

Jessra lächelte bitterböse. "Dann werdet ihr an der Front sterben und jeder mit euch. Immerhin ehrbar und für das Imperium," gebot sie Vaash einen bösen Satz und folgte ihm. "Ihr würdet dem Imperium als Großadmiral besser nützen und noch viel mehr, wenn ihr einfach lebt und nicht in einem sinnlosen Kampf vergeht. Der Imperator braucht euch," sprach sie, während sie ihm ihre Hand auf die Schulter legte. Jessra war sich klar, dass Vaash keine wirkliche Wahl hatte und diese Botschaft nur Teil eines längeren Unterfangens war, Vaash für immer an Vesperum zu binden. Diese Tortur, die sie gegen den Admiral richtete, machte ihr eine heimtückische Freude. Vaash zuckte ängstlich zusammen, konnte sich aber beherrschen. Die krallenartigen aber gepflegten langen Fingernägel der Adeptin gruben sich in den Stoff der Uniform, als sie zupackte, um Vaash wissen zu lassen, dass es nicht viel kostete, ihn sofort zu vernichten. Vaash fürchtete um sein Leben, da er jene dunkle Macht fühlte, die sich nun unmittelbar neben ihm befand. Doch Jessra tat nichts, sondern blickte nur in das Gesicht des alten Mannes. "Der Imperator wünscht es," hauchte sie und ließ dann von seiner Schulter ab. "Ihr habt 12 Stunden Bedenkzeit. Dann brauche ich eure Entscheidung, Admiral," sagte sie und entfernte sich von der Brücke, während Vaash erstarrt zurückblieb. Allein. Mit sich und seinen Gedanken. Hier war er nun, erneut vom Teufel eingeladen und dieses mal war die Einladung sehr deutlich und klar. Vaash fürchtete um seine Seele und ahnte bereits, dass er diese möglicherweise bereits verloren hatte.
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#16
Während der Flottenadmiral sich aufgrund der soeben eingegangenen Mitteilung von seinem Stuhl erhob, erblickte Cassio, wie sich die gesamte Haltung des Mannes veränderte. Fahriger, nervöser. Nicht unbedingt etwas, das Cassio von dem älteren Offizier kannte. Er bat seine beiden Gäste konsequenterweise darum, den Raum zu verlassen, was Cassio dazu veranlasste, das Glas halbleer auf dem Tisch zu platzieren, seine Schirmmütze mit einer Hand vom Tisch zu nehmen und sich zu erheben, die noch nicht entzündete Cigarra weiterhin in der anderen Hand.
„Natürlich“, entgegnete er knapp und wandte sich ohne Weiteres in Richtung der Türe zu. Diese glitt jedoch bereits auf und ließ einen Offizier eintreten, der kam, um Admiral Vaash schließlich aus dem Raum zu geleiten. Cassio sah den beiden hinterher. Nicht nur eine Prioritätsnachricht also, sondern tatsächlich sogar eine hier eintreffende Raumfähre? Er legte die Stirn in Falten. Äußerst ungewöhnlich. Kurz fröstelte es ihn, als er an sein Aufeinandertreffen – so man es so bezeichnen wollte – mit dem Thron, nämlich in Form einer Holo-Übertragung während der Schlacht bei Corellia gegen den abtrünnigen Großadmiral Pitta dachte. Es war eine unangenehme Sache gewesen, obwohl Cassio nicht exakt festmachen konnte, woran es konkret gelegen hatte. Doch die… nun… Aura des Imperators war damals sehr beeindruckend gewesen. Der Totenschädel. Vielleicht war es auch nur an der Qualität der Holo-Übertragung gelegen, dass durch die harten Schattenwürfe der Eindruck eines sprechenden Schädels erweckt worden war, doch es hatte seinerzeit doch sehr real gewirkt. Vermutlich war es aber nur logisch, dem mächtigsten Mann der Galaxis eine entsprechende, naturgegebene Ehrfurcht entgegen zu bringen. Macht hatte schlussendlich einfach diese Wirkung auf Menschen – noch mehr auf solche, die sie suchten und damit die Galaxis zu lenken gedachten.

Als ihn die im Raum verbliebene Sloane kurz darauf ansprach, nahm Cassio seinen Blick aus dem Korridor heraus und verlagerte ihn auf die Frau. Jedoch kamen aus ihrem Mund schlussendlich nur wertlose Floskeln, in denen man sich schön suhlen konnte, um besonders eifrig zu klingen und die aber dennoch keinerlei Mehrwert für ihre Situation brachten. Leere, aber brav auswendig gelernte Hülsen für Propagandabücher in der Vorschulzeit und vor allem zur eigenen Selbstbestätigung. Noch während sie sprach, zündete er daher ohne weiter zu fragen seine Cigarra an und zog hieran. Er empfand es als irritierend, dass sie seinen durchaus gut gemeinten Ratschlag von zuvor offensichtlich völlig in den Wind schoss und weiter von ihrem Lieblingsthema, das wohl Verrat und Insubordination zu sein schien, redete, wenn auch hier in abgewandelter Form – vielleicht auch, um ihre bezeichnende Haltung zur militärischen Befehlskette von zuvor zu kaschieren und jetzt klarstellen zu müssen, dass Loyalität für sie auf einmal das Allerwichtigste zu sein schien. Anscheinend aber nur dann, wenn es ihr eben gerade Recht war. Irgendwann war der Worthaufen schließlich aber beendet und Sloane machte sich in Richtung der geöffneten Türe auf, in der Cassio jedoch stand und ihr somit den Weg versperrte. Nein, so einfach nicht. Er blieb zunächst stehen – etwas, worauf sie wohl nicht spekuliert hatte.
„Sind Sie fertig?“, fragte er sie dann, in etwas gelangweiltem Tonfall, als sie vor ihm wieder zum Stehen kommen musste. Er wartete jedoch nicht darauf, eine Reaktion auf seine rhetorische Frage zu erhalten.
„Sloane“, fuhr er dann also nach einem kurzen Moment fort, ohne sie mit ihrem Dienstgrad zu adressieren, und blies über den Mund etwas Rauch aus. „Vielleicht war ich vorhin nicht klar genug zu Ihnen.“
Er hob seine Schultern ein Stück weit an.
„Wenn Sie Verrat als Verbrechen bezeichnen, würde ich vorschlagen, Sie fangen damit an, Ihren Kommandooffizier nicht zur Insubordination gegenüber dem Oberkommando aufzurufen. Admiral Vaash mag höflich genug sein, es Ihnen nicht ins Gesicht zu sagen. Ich bin es jedoch nicht. Loyalität fängt nämlich nicht erst dann an, wenn es einer Rae Sloane Ruhm bringt.“
Aus seiner Perspektive maßte sie sich als Geschwaderkommandeur eine weitaus zu hohe Zuständigkeit an, was aber seiner Erfahrung nach ein häufiges Anzeichen eines übersteigerten Egos, mitunter gepaart mit erhöhtem Ehrgeiz darstellte. Schlussendlich also zumeist die Art von Geschwaderkommandeuren, die früher oder später in Form einer Gefallenenmeldung zur Gegenzeichnung auf seinem Schreibtisch gelandet war. Er unterdrückte ein Seufzen, stattdessen nahm er erneut die Cigarra an den Mund.
„Und ich bin offen gestanden auch nicht interessiert an Ihrer Meinung und halte es für zielführender, wenn Sie sie als guter Soldat nur dann äußern, wenn man Sie danach fragt und Sie etwas von Wert zu sagen haben.“
Sein Blick musterte sie noch einmal von oben bis unten, dann schüttelte er nur noch kurz den Kopf, machte in der Tür Kehrt und schritt den Korridor entlang.
„Kein Wunder, dass wir mit solchen Frontoffizieren den Krieg noch nicht gewonnen haben“, brummte er nach ein paar Schritten, vermutlich noch in Hörweite von ihr. Es spielte aber keine Rolle.
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#17
Sloane lächelte bitter, bevor ihr Lächeln verstarb. In ihren Augen war dieser Acchetia ein Narr, welcher die Zeichen der Zeit nicht erkannt hatte. Die alten Methoden dieser Personen hatten versagt und es jetzt war es an ihr, eine Korrektur durchzuführen. Es war ihre Zeit. Nicht mehr die Zeit des Acchetia. Jetzt würde sich zeigen, wer bereit war, die Zeit zu nutzen, um das Imperium zu retten. Sie war diesem Narren keine Antwort mehr schuldig. Sein Weltbild fußte in ihrer Wahrnehmung auf Stagnation, unfähiger Analyse von einem Schreibtisch aus und jetzt resignierte dieser Mann im Angesicht von größeren Aufgaben. Hoffentlich dachte Tiberius Vaash größer und würde das Imperium immer an erste Stelle stellen. Was sie von Vaash wusste, bestätigte diese Hoffnung. Er war Teil der alten Garde und hatte sich mit Tatkraft bewährt. Etwas, was er Acchetia voraus hatte. Deutlich voraus hatte. Doch Sloane konnte sich einen nachgerufenen Satz nicht verkneifen, als sie auch aus dem Raum trat. "Ein guter Soldat handelt nicht feige," warf sie Acchetia hinterher, da sie seine lange Stabszeit als Feigheit auffasste. Niemand diente länger als notwendig allein im Stab, als Schreibtischoffizier, welcher nicht einmal Blut und Schweiß als Beweis vorzeigen konnte. "Kein Wunder, dass wir den Krieg noch nicht gewonnen haben, wenn wir so feige Offiziere auffahren müssen," schimpfte sie süffisant spiegelnd und entfernte sich dann in die genau entgegensetzte Richtung von dem Vizeadmiral. Dieser persönliche Kampf begann gerade erst. Sloane wollte Acchetia beweisen, dass Tatkraft und Mut mehr bewegen konnten, als bloße und kalte Strategie. Bewusst hatte sie den Vorwurf Feigheit aufgegriffen, da dieser Vorwurf Acchetia animieren sollte. Feigheit war im Militarismus des Imperiums ein soziales Todesurteil. Es zwang dazu, sich beweisen zu müssen, um diesen Makel zu beseitigen. Feige Offiziere waren eine Schande und dementsprechend wurden sie behandelt. Sloane teilte diese Auffassung. Nur Mut und Kampfeswillen konnten jetzt etwas bewegen und nicht dieses alte Protokoll. Mit schnellen Schritten entfernte sich Sloane aus dem Korridor in Richtung eines Liftes, der hinter einem Panzerschott lag.

An einem anderen Ort, fern von diesem merklich kleinen Disput, kämpfte Tiberius Vaash mit anderen Sorgen. Diese furchtbare Hexe hatte sich endlich verzogen, war nicht mehr sichtbar aber ihre Kälte verblieb im Raum. Vaash richtete seinen Blick aus dem Fenster hinaus, um vielleicht in den fernen Sternen etwas Ablenkung zu finden. Vielleicht hoffte er auch auf eine Sternschnuppe oder ein kosmisches Ereignis, welches zwar selten aber möglich war. Etwas, was an Ästhetik und Schönheit etwas Abhilfe für seine tristen und trüben Gedanken schaffte. Er hatte das Schicksal einer ganzen Flotte zu entscheiden. Aber nicht nur das. Viel mehr musste er nun endgültig sein eigenes Schicksal besiegeln. Er konnte vor dieser Entscheidung nicht mehr davonlaufen. Angst kam auf. Keine panische Angst aber eine tiefe Unsicherheit. Egal, was er ab diesem Zeitpunkt tat, es hatte immer ernste Konsequenzen. Er wollte die Flotte nicht um seines Stolzes willen opfern aber gleichzeitig wollte er sich nicht diesem Teufel vom Imperator für immer andienen; denn seine Seele und sein Andenken gehörte allein ihm als Tiberius Vaash selbst. Er war Tiberius Vaash, ein Mann der Ehre und der Würde. Zumindest glaubte er dies zu sein und blendete dabei seine Mängel aus. Vaash fühlte sich verloren, denn alles, was er wollte, war zumindest nicht jenes Fragment zu verlieren, was ihn menschlich machte. Er kannte diese unterworfenen Offiziere und auch die Diener aus dem engsten Kreis des Imperators. Sie waren unmenschlich und seelenlos. Sie handelten ohne Skrupel und Reue. Es machte ihm wahrlich Sorgen, dass er auch so werden konnte. Mit der Zeit würde er es werden. Mit jeder Handlung im Namen des Imperators würde er immer mehr seine Menschlichkeit verlieren. Aus Sicht des Thrones wohl wünschenswert, da ein herzloser Anhänger sicherlich effektiver den ebenso brutalen Willen des Herrschers umsetzen konnte. Ein Soldat, der dauerhafte Reue empfand, wurde mit der Zeit unbrauchbar. Vaash war gefangen, mit sich, mit diesem Imperium und seinem Imperator.

Nervös trat der Admiral auf und ab. Hin und her. Fast so, als ob er auf die alten Tage marschieren wollte, wie damals in der Drillschule. Es blieb dem Alten nicht mehr viel. Vielleicht sollte er seine Familie anrufen. Etwas Menschlichkeit zeigen, der Vater und Großvater sein, der mehr war, als ein nur ein Offizier. Bei dem Gedanken an sein Zuhause überkam ihn ein Heimweh, eine Sehnsucht einfach nach Hause zu gehen und diesen verdammten Krieg hinter sich zu lassen. Doch das konnte er nicht. Nicht mehr. Nach allem, was er getan und erlebt hatte, blieb diese Wahl nicht. Wie sollte er auch zurückkehren? Wenn eine Abkehr von der Pflicht als Verrat galt, eine Heimreise eher zur Strafexpedition wurde und Strafe für alle drohte, die er liebte. Die Zeit spielte gegen Vaash. Und er selbst hatte keine guten Karten mehr. Diese Uniform wurde unbequem oder war es eigentlich schon immer. Anfangs hatte er sie mit Würde getragen aber inzwischen war es die Kleidung eines Gefangenen, die er ablegen wollte. Sie verband ihn nicht mehr mit seinen Idealen. Er trug sie aus Pflicht und Erinnerung. Damals war damit etwas verbunden gewesen, was gut gewesen war. Damals als die korrupte Republik abgewickelt wurde und das Imperium entstanden war. In diesen Tagen, als junger Offizier, hatte er überzeugt gedient, an jedes Wort geglaubt und mit aller Absicht ein Imperium mit anderen zusammen errichtet; Widerstand bekämpft und die Überzeugung vertreten, dass Frieden und Sicherheit für alle möglich waren. Das Imperium war damals eine gute Sache für ihn gewesen aber nun erkannte er, dass vieles nicht so war, wie er es sich gewünscht hatte. Klüger und älter sah er nun die Propaganda und ihre Lügen. Er hatte sich daran gewöhnt, abgefunden und einfach weiter gemacht. Doch dieses mal konnte er nicht einfach weiter machen. Tiberius Vaash konnte sich nicht mehr einfach fügen. Doch ein Verrat und ein Überlaufen stand nicht zur Debatte. Nicht mehr. Er hatte sich entschieden und diese Uniform mochte mit Recht sein Gefängnis sein. Inzwischen glaubte er sogar, dass er es in gewisser Hinsicht verdient hatte, in dieser Position zu sein aber nicht seine Flotte, die guten Soldaten unter seinem Kommando. Wenn er sterben sollte, mit dem Blaster in der Hand, dann war es eben so aber diese Flotte sollte nicht einfach vergehen, weil sein Stolz im Wege stand. Die Gedanken waren diffus und divers, wanderten von einem traurigen Punkt zum nächsten, als ob sie einen Ausweg suchten. Doch es gab keinen Ausweg. Selbst der Kontakt zu Großadmiral Takel würde kein Ausweg sein. Was sollte dieser auch tun? Der Thron hatte sich eingeschaltet. Doch es war einen Versuch wert. Wenigstens konnte Vaash noch ein paar Karten spielen, auch wenn diese reichlich nutzlos waren. Es waren immerhin seine Spielzüge. Ein bisschen Selbstbestimmung blieb ihm noch. Diese Würde ließ er sich nicht nehmen. Nicht noch einmal. Mit überzeugten Schritten verließ er die Beobachtungsbrücke und eilte zur Brücke, wo er sich mit dem Großadmiral verbinden ließ. Vaash trat auf die Holoplattform und ließ die verschlüsselte Langstreckenverbindung aufbauen, die nur so auf der Brücke möglich war. "Hier spricht Admiral Vaash für Großadmiral Takel," übermittelte sein Hologramm in die Ferne, während er selbst eine elegante aber disziplinierte Pose einnahm, indem er seine Hände hinter dem Rücken verschränkte. Die Karte war ausgespielt.
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#18
Rauschen, eine gestörte Verbindung und ein flackerndes Holo verblieben für einen Moment. Die Verbindung konnte sich nur langsam aufbauen. Vielleicht verzögerte das Büro von Takel den Aufbau, weil dieser kein Interesse daran hatte, mit Vaash zu kommunizieren. Die Befehle waren klar und die Lage ohnehin besprochen, so dass eigentlich kein Bedarf dafür gegeben war, mit Frontoffizieren zu kommunizieren. Ohnehin wussten diese sowieso besser, was an ihrem Abschnitt vor sich ging, als ein Großadmiral in der Ferne. Takel war kein Freund von unnötigen Gesprächen, die wichtige Zeit von anderen wichtigen Aufgaben abzogen. Dennoch waren Takel kritische und notwendige Gespräche umso wichtiger. Wenn ein Tiberius Vaash, Veteran und alte Garde, sich auf dem verschlüsselten Kanal meldete, dies sogar unmittelbar, war es wichtig. Vaash war nicht dafür bekannt, unnötige Gespräche zu führen und sein Ruf als erfahrener Offizier und Kommandant einer ganzen Flotte sorgten dafür, dass Takel sich Zeit nahm. Das tat er nicht für viele. Viele mussten sich mit dem Stab begnügen. Doch der Ruf des Tiberius Vaash war groß genug, so dass sich selbst ein Takel bewegte. Ein Mann, der den Imperator mit anderen zusammen auf den Thron gebracht hatte, war mit Sicherheit nicht unbedeutend. Doch hatte Takel erhebliche Vorbehalte. Immerhin war Vaash gegen ihn gezogen. Vaash hatte sich gegen die Übergangsregierung gestellt und war mit Sicherheit nicht einfach zu führen. Vaash hatte einen eigenen Weg gewählt und diese Eigenheit war interessant aber ebenso eine Gefahr für Takel. Großadmiral Takel musste nicht nur an das Imperium denken, sondern auch an seine eigene Position darin. Er hatte bis jetzt überlebt und gedachte dies auch weiter zu tun. Mit einem eleganten Tritt trat er auf Holoplattform und ließ die Verbindung einrichten. "Admiral Tiberius Vaash," grüßte Takel mit einem kalten Lächeln, fast so, als ob er Vaash erwartet hatte. "Es ist ungewöhnlich, dass Sie sich unmittelbar an mich wenden. Es muss wichtig sein." Takel machte eine Geste mit seiner Hand, so dass Vaash auf einen Salut verzichten konnte. Im Anschluss verschränkte auch dieser die Arme hinter dem Rücken. Ab einer gewissen Hierachiestufe war es üblich auf einen Salut zu verzichten. Flottenadmiräle und Großadmiräle verzichteten im direkten Kontakt darauf, sofern kein protokollarischer Anlass bestand. Die Hierachie war diesen Offizieren ohnehin klar. Dennoch nickte Vaash dem Großadmiral zu und deutete dadurch eine dezente Unterwerfungsgeste an.

"Ich benötige Klarheit über die aktuelle Befehlslage," erklärte Vaash und versuchte - durch das Holo erschwert - in der leuchtenden Erscheinung des Großadmirals Emotionen zu erkennen. Vaash hoffte, dass er den Großadmiral lesen konnte, um bei Bedarf versteckte Hinweise zu erhalten, wie er zu verfahren hatte.

"Klarheit?" Takel schmunzelte. "Ich dachte, dass meine Befehle und die Befehle des Oberkommandos deutlich waren." Vaash räusperte sich. "Ja, sie waren deutlich genug, dass wir uns nun auf Position befinden aber in einem Punkt waren sie unklar." - "Unklar?" Takel zog eine Braue hoch. Der Großadmiral ahnte bereits, worauf Vaash abzielte. Inzwischen hatte er auch vom Interesse des Imperators erfahren und sich bewusst aus diesem Prozess herausgehalten. Man konkurrierte nicht mit dem Thron. Er hielt sich an sein Kommando über diesen Obersektor und organisierte seine Flotten. Was der Imperator tat, nein, das war nicht seine Angelegenheit. Es sei denn, der Imperator erteilte ihm einen Befehl. Ohne Befehl machte Takel, was er immer tat, sich um seine Aufgaben kümmern. Es hatte sich durch die Machtübernahme des neuen Imperators nicht viel geändert. Die Lage war nahezu unverändert. Und in gewisser Hinsicht war dies Takel sogar recht. Der Imperator einte das verbliebende Imperium, schaffte eine gewisse Authorität aber mischte sich nur selten unmittelbar in das Geschehen der Großadmiräle ein. Isard war hier deutlich unangenehmer. Wenn der Imperator etwas tat, dann tat er es. Takel würde sich nicht in die Angelegenheiten des Throns einmischen, da er nicht lebensmüde war und auch keinen politischen Mehrwert darin sah. Wenn der Imperator Truppen und Flotten abziehen würde, würde Takel dies umsetzen, ohne sich selbst groß in Szene zu setzen. Er würde nur protestieren, wenn dies seine Position schwächen würde. Erschwerend kam für Takel hinzu, dass Grunger sein Erzfeind war. Jede Aktion gegen Grunger war gut und wenn der Imperator sich diesem Grunger annahm, war auch dies nur gut. Alles in allem hatte Takel kein Interesse daran, etwas an der aktuellen Lage zu ändern. Doch wahrscheinlich spielte Vaash genau darauf an.

"Habe ich freie Hand? Kann ich meine Flotte bei Bedarf zurückziehen, um diese neu zu gruppieren? Oder handelt es sich um einen absoluten Haltebefehl?" Fragen, die Vaash unvermittelt stellte. Er kaschierte sie nicht und machte auch keine Anstalten mit Takel zu plaudern. Es gab nichts zu plaudern. Es waren militärische Fragen, die leider auch eine tragische Tragweite für Vaash selbst hatten. Takel legte seine Hand an sein Kinn, schwieg für einen Moment. Er fühlte sich bestätigt. Vaash mischte sich genau in die Angelegenheiten des Throns ein. Inzwischen musste die dubiose Agentin des Throns bei ihm eingetroffen sein. Takel wollte sich absichern. "Ist nicht inzwischen eine Dienerin seiner Majestät bei euch eingetroffen, Admiral?" Takel wich aus, denn er würde sich nicht in Gefahr bringen, den Thron zu verärgern. Zudem war ihm selbst daran gelegen, dass Grunger unterging. Es war ihm in dieser Betrachtung sogar egal, was aus Vaash wurde. Es wäre schade um den erfahrenen Offizier aber Grunger musste zumindest verzögert werden. Vaash würde dann ein Held des Imperiums sein, wie so viele. Vaash wollte nicht antworten, da er bereits ahnte, was diese Antwort bedeuten würde. Doch er konnte Takel nicht belügen, denn es waren überprüfbare Fakten. "Ja, diese Dienerin ist eingetroffen," antwortete Vaash knapp. Takel nickte, immer noch die Hand am Kinn führend. Jetzt war die Lage auch für ihn klar. Die Botin des Throns musste bereits eine Nachricht überbracht haben. Den Inhalt kannte Takel nicht aber er wusste von Mobilmachungen der Reiseflotte seiner Majestät. Auch kannte er die Verlegungen von Truppen des Geheimdienstes. Isard hatte etwas vorbereitet, was wohl auch auf Befehl des Throns geschah. Für Takel waren Isard und Vesperum inzwischen untrennbar. Takel trennte beide Komplexe auch nicht mehr, insofern war es nicht verwunderlich, dass er es einfach hinnahm. "Es ist ein absoluter Haltebefehl, Admiral. Sie weichen keinen Quadranten. Dieser Feind muss gestellt und vernichtet werden," sagte der Großadmiral mit leicht fordernder Stimme. Takel war nun klar, dass der Thron eingreifen musste und das war gut so. Grunger sollte zumindest bluten. Vaash fühlte sich durch das blaue Licht des Holoprojektors geblendet. Es tat fast weh. Seine eigene Lage war nun klar. "Ich verstehe," antwortete Vaash gewissenhaft aber nicht mehr mutig. Sein eigenes Schicksal war besiegelt und er musste eine Entscheidung treffen. "Lang lebe das Imperium," betonte Takel, bevor die Verbindung schlicht beendet wurde. Vaash antwortete darauf nicht mehr und trat von der Plattform. "Protokoll sichern. Ich bin in meinem Bereitschaftsraum," befahl Vaash und eilte davon, mit festen und stampfenden Schritten. Er war zornig und verwirrt. Der Admiral wollte diese Lage nicht akzeptieren. Er warf sich auf seinen Stuhl, betrachtete den Bildschirm seines Terminals. Dort wurde eine Nachricht angezeigt. Sie stammte vom imperialen Geheimdienst.

"Nein!" Vaash seufzte böse. Nicht Isard auch noch. Er mochte diese Frau nicht. Hatte sich die Galaxis gegen ihn verschworen? Er musste diese Nachricht öffnen. Mit seinem Codezylinder akzeptierte er die Nachricht, gab sein persönliches Passwort ein und öffnete den Inhalt. Was er dort las, gefiel ihm nicht. Der Geheimdienst bot ihm eine Lösung für das Problem an, von dem auch sie nun erfahren hätten. Der imperiale Geheimdienst bot ihm eine Alternative an. Scheinbar wussten sie von seinen Umständen und der Situation an Bord. Gerade das machte Vaash Angst. Wie viele Spione hatte Isard wohl an Bord? Wahrscheinlich genügend. Die Lösung, die er dort las, gefiel ihm noch weniger, als die Person Isard. Der Geheimdienst bot ihm an, dass sie einen Großteil der Herdenschiffe der Ithorianer requirieren würden, um diese als fliegende Waffen zu verwenden, um die Schilde des feindlichen Supersternzerstörer zu schwächen oder gar zu vernichten, indem man sie in großer Zahl gegen diesen warf. Wie er den Geheimdienst kannte, würden alle Ithorianer an Bord getötet werden, da Isard keinen Bedarf darin sehen würde, diese zu evakuieren. Auch galten sie als friedliebend. Es wäre unglaublich einfach für Elite-Verbände des Geheimdienstes, diese Schiffe zu erobern und umzurüsten. Es würde nicht einmal lange dauern. Ein furchtbarer Plan, dem er nicht zustimmen konnte. Und doch war dort dieser Gedanke, dass es seine Lage auflösen könnte. Die Herdenschiffe in großer Zahl konnten sogar ausreichen, dass Schlachtschiff soweit zu beschädigen, dass er mit etwas Glück siegen konnte, ohne Hilfe des Imperators. Aber diesem konnte er sich auch nicht mehr entziehen. Es war ein Dilemma. Vaash wollte nicht. Dieser Gedanke missfiel ihm dermaßen, dass er heftig mit dem Kopf schütteln musste. Mit einer wütenden Bewegung klappte er das Terminal zu und blickte in den Raum. Er musste eine Lösung finden, da ihm keine Handlungsalternative zusagte. Vielleicht sollte er sich mit Grunger austauschen? Die Idee war verrückt aber nicht weniger verrückt als die anderen Alternativen. Er kannte Grunger von der Akademie. Sie hatten sich nicht oft aber regelmäßig gesehen. Auch hatte Vaash einen gewissen Status als alte Garde, so dass sich ein Treffen mit etwas Glück und Geheimhaltung arrangieren ließ. Vielleicht konnte dieser Kampf in Gänze vermieden werden, so dass gar keine Lösung angestrebt werden musste. Diese Idee reifte mit jedem zornigen Herzschlag.
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#19
Die Wände schienen sich zu bewegen, den alten Vaash zu erdrücken, während er durch die langen Korridore des Sternzerstörers wanderte. Er brauchte etwas Zeit für sich. Es tat gut, sich zu bewegen, um nicht in dieser kalten Stille zu verfallen, die in seinem Bereitsschaftsraum herrschte. Dieser verdammte Krieg wollte einfach nicht enden und immer mehr Leben kosten, egal, wer am Ende siegte: Es würde mit Leben bezahlt werden. Einige Offiziere sahen ihre Gelegenheit gekommen, sich zu beweisen, und an Macht zu gewinnen aber Vaash sah sich nicht in dieser Position, obwohl er rein faktisch, jene Macht für sich beanspruchen konnte. Er tat es nicht, weil er als Veteran der alten Kriege, sich nicht als Kriegsherr sah und ebenso wenig als Großadmiral. Er war es einfach nicht. Seine Loyaltiät war durch Selbstverrat längst an diesen furchtbaren Vesperum verkauft, in der vagen Hoffnung, etwas vom Imperium zu retten und vorallem seine Familie vor dem Chaos, welches nach dem Zusammenbruch herrschen würde, zu bewahren. Dieses Chaos fürchtete er am meisten. Ordnung, so schlecht sie auch sein mochte, war besser als Chaos. Sein bürgerlicher Geist verbot jedwede Abweichung und einen Mut, dieses Chaos auch für eine Zeit zu zulassen. Vaash wankte für einen Moment. Er brauchte Alkohol. Sein Pegel war abgesunken, so dass sich erste Entzugserscheinungen zeigten. In den letzten Wochen hatte er nur mit einem konstanten Pegel überlebt, um sich nicht in der Tristess zu verlieren. Auch schmerzte jedwede Zelle in einem seltsamen Schmerz. Etwas hiel ihn im Leben, obwohl sich die Galaxis gegen ihn verschworen zu haben schien. Tiberius Vaash arbeitete sich voran, fand die kleine Offiziersmesse, welche den ranghohen Offizieren vorbehalten war und öffnete die Tür. Es zischte kurz, als die Tür aus Durastahl zur Seite fuhr. Vaash trat ein, suchte den Thresen mit den ständig bereit stehenden Getränken, und öffnete sich eine Flasche Wasser, die er mühsam herunterkippte. Der Durst war gelöscht aber nicht die Sucht nach der Beruhigung durch den Alkohol. Er brauchte ihn jetzt, mehr denn je, weil er vor einer schweren Entscheidung stand. Und doch zögerte er. Er wollte diese Entscheidung nüchtern treffen; so nüchtern, wie möglich. Etwas sagte ihm, dass er sich dieser Sache stellen musste. Es gab keine Ausflüchte mehr, kein Verstecken hinter der Uniform oder dem eigenen Leben. Vaash musste entscheiden. Niemand anderes würde es für ihn tun. Das tat weh. Es machte einsam und traurig, doch trotzallem war Vaash bereit. Er war es doch immer gewesen, selbst damals als das Imperium ausgerufen worden war. Ordnung und Sicherheit waren leere Versprechungen gewesen. Das war jetzt nicht mehr wichtig. Es ging allein um den Moment. Diesen Moment. Mit schwitziger Stirn ließ er sich auf dem Stuhl am Kopfende des langen Tisches nieder. Ein Servicedroide aktivierte sich und trat aus einem versteckten Verschlag heraus. Vaash hob wortlos die Hand. Er brauchte nichts mehr. Nicht von hier. Mit einer zittrigen Hand hob er das Kom von seinem Gürtel.

"Doktor Fellina. Ich brauche nun doch die Medizin. Kommen Sie bitte in die kleine Offiziersmesse M17, Deck 2. Vielen Dank," meldete er an die Schiffsärztin. Sie war eingeweiht und sie war die einzige, die von seinem Problem wusste und sie wusste darum, wie gebrochen, Tiberius Vaash eigentlich war. Doch sie war mit freundschaftlich verbunden. Sie kannten sich schon ein halbes Leben und auch sie hatte den Absturz der Veneratio überlebt. Doktor Fellina kannte Tiberius Vaash besser als keine andere und umso mehr half sie ihm, diese letzten Tage des Imperiums zu überstehen. Die Ärztin betrat wenig später den Raum, legte eine kleine Pillendose auf den Tisch. Sie war aus blankem Metall gefertigt und trug sonst keine Beschriftung. Die Ärztin nickte und verschwand wortlos. Die Wände hatten auch hier Ohren. Niemand sollte wissen, was wirklich vor sich ging und erstrecht nicht der Imperiale Geheimdienst. Vaash fürchtete, dass man seine Schwäche gegen ihn verwenden würde; und mit aller Gewissheit, das tat dieser Geheimdienst von Isard auch. Nur wussten sie zu seinem Glück nichts von seinem Alkoholproblem, denn bisher konnte er die Medikation als Schmerztherapie, aufgrund seines Zustandes nach der Schlacht von Eriadu, verkaufen. Vaash öffnete die Dose und nahm zwei kleine graue Tabletten heraus. Sie hatten eine klassische Pillenform. Mit einem Satz warf er diese in den Mund und schluckte sie mit Krampf und ohne Flüssigkeit herunter.

Sein Gesicht verzog sich, als sich seine Augen weiteten und seine Finger krampften. Doch die Meds halfen. Die giftige Abhängigkeit trat für einen Moment zurück, für einen längeren Moment und wurde durch eine fokussierte Klarheit ersetzt. Schlagartig war Tiberius Vaash nüchtern, wischte sich mit einem Papiertuch die Stirn trocken, nahm ein kleines Parfümfläschen aus seiner Tasche, um sich dezent zu parfümieren, bevor auch dieses wieder verschwand. Das Tuch ließ er vom Droiden entsorgen. Das Döschen verschwand nach einem andächtigen Anblick auch in seinem Gürtel. Er war bereit. Leider konnte er nicht entkommen. Bald würden seine Gäste eintreffen. Zu jenem Dienstessen, welches wohl jede Grundlage für alle zukünftigen Entwicklungen schaffen würde. "Auftischen," befahl er dem Droiden, der gewohnt höflich den Befehl entgegen nahm und weitere Droiden traten aus Verschlägen, um mit der Arbeit des Eindeckens zu beginnen. Es gab ein großes Buffet mit allerhand Speisen, so hatte es sich Vaash gewünscht. Es sollte zumindest nicht an Speisen und Getränken mangeln, wenn schon die Gespräch bitter und kalt waren.
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#20
Keine Reaktion. Ein erneuter Druck auf die Taste.

Verbindung wird hergestellt…

Es passierte nichts. Minutenlang.

Verbindung fehlgeschlagen.

Wieder ein Druck auf die Taste, mehrfach diesmal, fester.

Verbindung wird hergestellt…

Verbindung fehlgeschlagen.

Mehrfaches lautstarkes Hämmern auf die Taste.

Verbindung wird hergestellt…

Verbindung fehlgeschlagen.

Keine Reaktion. Cassio saß mittlerweile auf dem Bett in seinem Gastquartier, als der letzte Fehlschlag gemeldet wurde. Stumm starrte er mit bis zur Schmerzgrenze aufeinandergepressten Kiefern in die Leere des Zimmers hinein, sein Körper zittrig. Ein brodelnder Vulkan vor dem Ausbruch. Das Datapad in seinen Händen nahe am Zerbrechen festgeklammert.
„Diese verdammten Schweine“, knurrte er ziellos in den Raum, in einer üblen Mischung aus Abscheu und Fassungslosigkeit. Das Datapad bog sich leicht in seinen Händen. Sein Mund verzog sich und machte sein Gesicht zu einer bloßen wütenden Fratze. Im nächsten Moment donnerte das Datapad auf den Boden und zersprang dort in tausend Teile. Er wusste nicht, wie lange er auf dem Bett saß und die Scherben uneingedenk seiner Umgebung betrachtete. Vielleicht eine halbe Stunde, vielleicht länger. Irgendwann musste er, wenn auch ohne jeden konkreten Plan, jedoch aufstehen, und ging gedankenlos durch das Quartier. Das Glas des Displays knackte unter seinen Stiefeln, immer wieder, während er im Zimmer herumkreiste. Doch die Zeilen vor seinen Augen verschwanden nicht, ganz gleich wie viele Kreise er zog. Etwas später fand er sich wieder auf dem Bett sitzend wieder, fast so als hätte er einige Minuten gar nicht realisiert. Er fühlte sich erbärmlich. Schwer zu sagen, wie lange er da so saß, nach vorne gebeugt, die Hände in den Haaren vergraben. Verzweiflung breitete sich in ihm aus, ein Gefühl, das er sehr lange nicht mehr gespürt hatte, zumindest nicht in dieser Form. Und doch kam es sofort wieder, die Erinnerung daran. Er stieß etwas Luft aus, vielleicht um diese abzustoßen, doch wenn das der Versuch war, so scheiterte er. Im Gegenteil, beim darauf folgenden Einatmen roch er die Luft von Anaxes wieder, das Haus an der Klippe, der Duft hölzerner Wände. Cassio biss sich auf die Lippe, als seine Gedanken auf den dunklen Schemen einer verbotenen Erinnerung abdrifteten, der an einem Tisch saß und zu ihm hoch sah.
„Schon zurück?“, hörte er sich selbst fragen, freudig überrascht.
Der Schemen öffnete den Mund zur Antwort.

Cassio riss sofort die Augen auf, zwang sich dazu. Sein Herz pochte unregelmäßig, die Augen fühlten sich wie aufgequollen an, während ihm der Schweiß über die Stirn zu laufen begann. Sein Unterkiefer schob sich unwillkürlich ein Stück nach vorne. Mit dem Ärmel fuhr er sich über die feuchten Augen, während er aufstand und in Richtung der Kommunikationskonsole an der Wand ging. Er musste etwas tun, ohne Zweifel. Doch sein Handlungsspielraum war klein. Er nahm Abstand von den vorherigen erfolglosen Versuchen, Anaxes zu kontaktieren und ließ über seinen Codezylinder stattdessen eine Verbindung ins Zentrum öffnen. Es dauerte nicht lang, ehe die Verbindung hergestellt und angenommen wurde. Auf dem Bildschirm der Konsole erschien Konteradmiral Sentryn Kallice, seine Nachfolgerin als Chef des Flottenstabs. Etwas zerfurchter im Gesicht als er sie kannte. Dennoch war sie es, die zunächst genau hinsehen musste.
„Cassio?“, sagte die uniformierte Frau dann im Bildschirm, Überraschung in ihrer Stimme. Ein kurzer Blick auf ihre Uniform verriet ihm, dass man sie wohl noch nicht befördert hatte, obwohl sie seine Position eingenommen hatte. Sie blinzelte einige Mal und ihm wurde erst recht klar, dass er offensichtlich übel aussah, wodurch sie offensichtlich Mühe hatte, ihn überhaupt zu erkennen. Einerlei.
„Wir müssen reden“, erwiderte er lediglich, ohne jede Anstalten einer Begrüßung.
Sie sah ihn weiter an, nickte dann knapp, ehe sie sich kurz umblickte.
„Ich verstehe. Einen Moment.“
Die Verbindung riss ab. Es dauerte einen langen Augenblick in der Dunkelheit seines Quartiers, ehe die Verbindung von außen erneut hergestellt wurde. Er nahm das Gespräch mit einem Knopfdruck an.
„Nun können wir reden“, sagte Kallice dann, nachdem ihr Bild wieder auf dem Bildschirm erschienen war. „Ich nehme an, es geht um…“
„Ja. Genau darum.“
Erneut nickte sie, sah betreten dabei aus, aber sagte zunächst nichts. Offensichtlich schien sie nach Worten zu suchen. Als keine folgten, schob sich Cassio näher an die Konsole heran, spürte, wie es in seinem Gesicht kurz zuckte.
„Mir wurden Zusicherungen gemacht, Tryn. Dass meine Tochter da herausgehalten wird.“
„Ich weiß. Die Sache… liegt anders.“
„Dass sie jetzt doch eingezogen wird, erscheint mir nicht anders.“

Kallice wich dem Blick einige Sekunden lang aus, ließ einen langen Atem folgen, ehe sie leise antwortete.
„Sie wurde nicht eingezogen.“ Ihr Blick hob sich wieder zu ihm. „Sie hat sich freiwillig gemeldet.“
Diese Worte trafen ihn härter als ein Schlag mit Durastahl es hätte können. Wie betäubt starrte er sie einfach nur an.
„Was?“, brachte er gerade so in völliger Fassungslosigkeit hervor. „Das… kann unmöglich stimmen. Ich habe es…“
Ihr verboten?
Cassio brach ab. Welch Anmaßung. Welch dumme Anmaßung überdies. Als wäre dies allein der Weisheit letzter Schluss und eine unumstößliche, allgemeingültige Tatsache, der nicht zu widersprechen sei. Er verstummte, stützte seinen absinkenden Kopf mit einer Hand auf der Computerkonsole, massierte die noch immer feuchte Stirn. Resignation?
„Es tut mir leid“, entgegnete die Frau. „Wirklich. Aber was soll ich machen, wenn sie es selbst tut? Ich kann den Offizieren vor Ort nicht sagen, dass sie eine Rekrutierung ablehnen sollen. Das weißt du selbst.“
Er nickte stumm, sichtbar, auch wenn der größte Teil seines Gesichts von der Hand verdeckt wurde. Eine unangenehme Stille breitete sich über dem Gespräch aus. Sie schien ihm diese Zeit zu geben. Erst nach längerem fuhr er daher mit einer Antwort fort.
„Ich möchte, dass du sie dann zu dir holst. In den Stabsdienst.“
Kallice starrte ihn an, überrumpelt von der Anfrage, schüttelte aber bereits nach einem Augenblick den Kopf.
„Zu mir? Cassio, das kann ich nicht machen…“
„Ich weiß, dass du es kannst. Die Frage ist nur, ob du es willst.“
Sie antwortete nicht. Ein Fortschritt, wie er befand. Zumindest kam kein Widerspruch mehr. Ein Stück näher an der Wahrheit demnach. Ohne Zweifel verstand er das Problem, in das er sie damit brachte. Sollten solche Vorgänge die Runde machen, erhielt sie jeden Tag derartige Anfragen. Und andererseits Beschwerden. Rückfragen. Es war viel verlangt. Aber viel würde er ohnehin nicht mehr verlangen können. Er würde es ihr nicht übelnehmen, wenn sie ablehnte. Dennoch musste er es versuchen.
„Das ist nicht so einfach“, entgegnete sie schließlich ausweichend. Er beugte sich dem Bild entgegen, noch näher an den Bildschirm heran.
„Tryn. Bitte. Sie ist keine Soldatin. Wem soll das nützen? Du weißt doch genau, wie das ausgeht.“
Seit Beginn der republikanischen Offensive im imperialen Süden hatte die Überlebensrate insbesondere der neuen Rekruten dramatisch abgenommen. Darin wurden zwar auch unbekannte Zahlen wie solche derer, die vor der Republik kapituliert hatten, eingerechnet, aber die Statistik war nicht alleine dadurch erklärbar. Entweder war die Ausbildung schlechter geworden, was infolge des Verlustes von Prefsbelt keine Verwunderung wäre, oder aber das Offiziersmaterial war vor allem daran interessiert, sich selbst in den Mittelpunkt zu stellen, um ihr Imperium mit alleiniger Hand zu retten. Unwillkürlich musste er einen Moment lang an Admiral Sloane denken. Hirnrissige Menschen mit übersteigertem Ego und dem irren Glauben, mit genug Opferbereitschaft ließen sich sämtliche Wunder erreichen. Sie mochte zwar Grundvoraussetzung sein, ersetzte aber nicht sämtliche andere Parameter einer erfolgreichen Operation. Wer das nicht verstand, trug früher oder später zur Statistik bei. Und jeder davon fehlte dadurch an anderer Stelle für aussichtsreiche Unterfangen. Es war Wahnsinn. Er vernahm ein Seufzen aus dem anderen Ende der Verbindung.
„Will sie das denn? Stabsdienst?“, fragte Kallice. Seine Stirn legte sich daraufhin in ernste Falten.
„Es spielt in dieser Sache keine Rolle, was sie will.“
„Ich verstehe. Ich will nichts versprechen. Aber ich werde sehen, was sich machen lässt.“

Die Konsole neben ihm begann, einen Ton von sich zu geben. Eine Audio-Erinnerung an die Einladung von Admiral Vaash. Ärgerlich. Nichts lag ihm aktuell ferner als gesellschaftliches Zusammenkommen. Aber es war keine Einladung, die abgelehnt werden konnte, ohne den Admiral zu brüskieren.
„Termin mit dem Admiral. Tut mir leid, ich muss aufhören. Danke, Tryn.“
„Alles Gute“, sagte Kallice abschließend und trennte die Verbindung direkt danach. Das Zimmer wurde beinah wieder stockfinster, als das künstliche bläuliche Licht der Übertragung wegfiel. Einen Moment lang saß er noch dort, atmete langsam wieder aus. Er verabscheute, das tun zu müssen, aber schlussendlich hatte er keine Alternative mehr. Trümpfe gab es längst keine mehr. Schließlich stand er auf.

Kurze Zeit darauf folgte er dem Gang weiter durch den Zerstörer, in den Raum hin, der ihm gewiesen wurde. Vielleicht lag sein Quartier näher als das anderer, jedenfalls aber war er der erste, der in dem Raum ankam. Die kleine Offiziersmesse also, der Raum für Gespräche in kleinerer Runde. Häufig genutzt für Versammlungen der Kommandierenden Offiziere eines Verbands oder einer Flotte, wenn es um den Austausch untereinander ging. Ein seltsamer Duft lag indes in der Luft, unabhängig von denen der dargebrachten Speisen und denen, die noch von Droiden gereicht wurden, aber er konnte ihn nicht zuordnen. Den Tisch im Blick saß der groß gewachsene, kräftig gebaute alte Admiral, der einer von denen war, die zumindest verstanden, dass man ihnen Befehle gab, die gar nicht erfüllbar waren. Erstaunlich genug, dass dieser also überhaupt noch in der Lage war, hier und heute zu stehen. Wenn auch nur knapp. Er hatte Glück gehabt über Eriadu. Es hätte auch genauso gut vorbei sein können. Aber manche besaßen dieses Glück, das irgendwann vielleicht weniger zu Glück denn zu Instinkt wurde. Ob dies genügen würde, um das alles zu überleben, war fraglich. Cassio zweifelte daran. Wenn es überhaupt sein Ziel war.
„Admiral Vaash“, sagte Cassio schließlich, respektvoll darum bemüht, die Fassung aufrechtzuerhalten, und blieb ein Stück weit neben der Tür stehen, legte seinen Blick auf den bedeutend älteren Offizier. Cassio hatte sich zumindest noch vor dem Verlassen kurz frisch gemacht, die Haare korrekt gescheitelt und eine gewaschene Uniform angelegt. Dennoch hatte ihm bereits der Spiegel in dem Quartier zu verstehen gegeben, dass das nicht ausreichend kaschierte, was sich in seinem Gesicht abspielte. Es war ein erschreckender Moment, wenn man an sich selbst erkannte, wie tot der eigene Blick tatsächlich wirkte – in aller Regel neigte das eigene Auge nicht dazu, einem diese Wahrheit so mitzuteilen. Zwar mochte der Blick nun etwas lebendiger als vor dem Gespräch mit Kallice sein, aber nichtsdestoweniger müde und antriebslos. Als er die Speisen auf dem Tisch sehen lag, hätte er sich am liebsten übergeben. Es war abstoßend. Nicht das Essen selbst, mit Sicherheit hohe Qualität. Vielmehr die Situation. Nicht nur hier, vor Ort.
„Ich möchte mich bereits für eine gewisse Appetitlosigkeit entschuldigen“, fuhr er fort, beinahe roboterhaft, wenn auch ein sehr kleinlautes Exemplar, das es nicht einmal wagte, derweil seinen Master anzublicken. „Schlechte Neuigkeiten.“
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